Discussion:
Ural fuer Chemiker
(zu alt für eine Antwort)
olaf
vor 4 Jahren
Permalink
Schaut mal hier:



Da renoviert einer eine alte Ural.

Zwei Dinge sind interessant:

1. Die dabei eingesetzten Verfahren und Chemikalien.
Wuerdet ihr die kaufen dann wuerde man zwei Tage spaeter
in den Nachrichtigen ueber euch schreiben, so in dem Sinne:
40Polizisten haben die Wohnung eines mutmasslichen Bombenbauers
in CastrolRauxel-Sued gestuermt. :-D

2. Das Motorrad wird bis kurz vor der Renovierung vermutlich
in dem Zustand genutzt worden sein.
Wenn ich das mal mit unserem typischen BMW Fahrer
vergleiche der schon schlecht schlaeft wenn sein
zusaetzlich angeschraubter Ueberrollbuegel einen Kratzer bekommt...

Olaf

p.s: Weiss einer der anwesenden Chemiker was er mit den Felgen und
anderen Teilen macht? Galvanisch vernickeln oder verzinken?
Arthur Erhardt
vor 4 Jahren
Permalink
Post by olaf
http://youtu.be/y8HEZ-x4-_w
Da renoviert einer eine alte Ural.
1. Die dabei eingesetzten Verfahren und Chemikalien.
Bis auf Aceton in mehr als Kleinstmengen, nein. Kannst hier auch immer
noch alles kaufen was in dem Video genannt wurde:
Kerosin, Dieselkraftstoff
Citronensäure
Aceton
Phosphorsäure
Leinöl
Entfetter, flüssig, unspezifiziert
Kupfersulfat
Schwefelsäure 38%
Backpulver
Dimethylsulfoxid
Natriumcarbonat
Eisenfeilspäne, Schwefelsäure 38%
Backpulver, aq. dest aus Regen
Natriumcarbonat
Abbeizmittel, Fertigprodukt, unspezifiziert
Karosseriespachtelmasse + Härter
Teppichmesser (!!!) ;)

Beim Aceton hebt der Apotheker die Augenbrauen, und ggf. das Telefon
auf, weil angeblich irgendwelche Sprenggläubigen größere Mengen
Acetonperoxide hergestellt und terroristisch verwendet haben. Mein
Glaube an den Wahrheitsgehalt der Geschichte ist nicht so hoch, weil der
taktische Umgang mit der Wahrheit seitens der Presse sehr gut belegt ist
und Acetonperoxide nun mal sehr instabil und die Herstellung nur in
Kleinstmengen erfolgreich möglich ist.

Zur letzten Frage kann ich nichts sagen. Was der Restaurateur da gemacht
hat war eine gemischte Phosphatierung und galvanische Verzinkung der
Felgen und anderer Teile.
--
A. Erhardt
Frank Kemper
vor 4 Jahren
Permalink
Post by olaf
http://youtu.be/y8HEZ-x4-_w
Da renoviert einer eine alte Ural.
Toller Film, hat Spaß gemacht, den anzuschauen.

Eine Frage hätte ich aber bezüglich des Ural-Motors. Ich dachte immer, der
wäre eine ziemlich genaue Kopie des BMW-Zweiventilboxers. Ich habe mir zu
Weihnachten den Modellbausatz des Motors der BMW R90S (Franzis, Maßstab
1:2) gegönnt. Bei dem BMW-Motor liegt die Nockenwelle unter der
Kurbelwelle, die Rohre für die Stößelstangen laufen unterhalb der Zylinder
in das Motorgehäuse. Bei der abgebildeten Ural sieht man deutlich, dass die
Rohre für die Stößelstangen auf der Oberseite der Zylinder laufen. Demnach
müsste sich das ganze Motorenlayout deutlich unterscheiden, mit einer
Nockenwelle oberhalb der Kurbelwelle.

Kann das jemand erklären, wieso die das bei BMW und bei Ural so und nicht
anders gemacht haben?

Frank
--
The whole IT runs on Caffeine
olaf
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Frank Kemper
Eine Frage hätte ich aber bezüglich des Ural-Motors. Ich dachte immer, der
wäre eine ziemlich genaue Kopie des BMW-Zweiventilboxers. Ich habe mir zu
Und ich dachte das der Uralmotor eine Kopie eines KS750 Motors ist und
nichts mit BMW zutun hat.

Ich glaub DNEPR ist eher wie BMW.

Olaf
olaf
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Frank Kemper
Kann das jemand erklären, wieso die das bei BMW und bei Ural so und nicht
anders gemacht haben?
https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrmachtsgespann

Die im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion gefertigten
Militärgespanne, welche unter dem Namen M72 und später Ural in
Irbit oder ab 1974 als Dnepr in Kiew gebaut wurden, sind keine
Nachbauten der BMW R 75 bzw. Zündapp KS 750, sondern eine
Kopie der BMW R 71 aus dem Jahr 1938. Die Produktion der
ukrainischen Dnepr MT-12 wurde 1988 eingestellt. Eine
chinesische Version der BMW R 71 wird unter mit dem Namen
Chang Jiang 750 verkauft.


Olaf
Ralf Kiefer
vor 4 Jahren
Permalink
Post by olaf
Da renoviert einer eine alte Ural.
Die Reifen waren allerdings noch sehr brauchbar. Zumindestens für einen
Regular hier ;-) Vielleicht könnte man die aus Rußland hierher senden.
Post by olaf
1. Die dabei eingesetzten Verfahren und Chemikalien.
Der macht das mit der Chemie nicht zum ersten Mal. Im Abspann vermisse
ich die Anzahl der Urals, die vorher beim Experimentieren nicht überlebt
haben ;-)

Was ist denn das mit dem Erhitzen der Mutter und anschließendem Tunken
in Leinöl? (bei 10:40)

Gruß, Ralf
--
Honda, SWM und ein paar KTMs
Alle Greta-kompatibel, denn die fahren im Grünen
Joachim Heller
vor 4 Jahren
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Post by Ralf Kiefer
Was ist denn das mit dem Erhitzen der Mutter und anschließendem Tunken
in Leinöl? (bei 10:40)
bruenieren.
Wobei Mutter erhitzen?
Die ist normalerweise verguetet. Also sie war es mal.
Naja, vielleicht egal bei einer Ural.

Gruesse Joachim
Ralf Kiefer
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Joachim Heller
bruenieren.
Danke für das Stichwort. Unter dem findet sich in der Wiki der Begriff
Schwarzfärben für genau das, was im Film mit Leinöl gemacht wurde.

Gruß, Ralf
--
Honda, SWM und ein paar KTMs
Alle Greta-kompatibel, denn die fahren im Grünen
Andreas Karrer
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Joachim Heller
Post by Ralf Kiefer
Was ist denn das mit dem Erhitzen der Mutter und anschließendem Tunken
in Leinöl? (bei 10:40)
bruenieren.
Wobei Mutter erhitzen?
Die ist normalerweise verguetet. Also sie war es mal.
Es geht nicht ums Härten, sondern ums Brünieren bzw. Schwarzfärben.
Das Brünieren mit fetten Ölen (nichtmineralische Pflanzenöle wie
Leinöl; es geht auch mit Salatöl) funktioniert nur mit Temperaturen
leicht unterhalb der Rotglut. Sieht je nach Verwendungszwck sehr gut
aus und schützt einigermassen vor Rost.

Der Typ von "My Mechanics" macht das öfter und demonstriert es hier:


Brünieren ist für eine Rahmenmutter nicht das richtige, der
Rostschutz ist viel zu gering. Man sieht ja am eigenen Mopped, dass
auch sauber verzinkte Muttern mit der Zeit rosten. Richtige Restauratorn
sammeln die Schrauben und Kleinteile und geben sie zum Galvanisieren,
kostet nicht die Welt.

Die abenteuerliche Verzinkung der Felge ist krass. Wie gut die wohl
hält? Besser als der nackte Lack am Original wohl schon.



Was ich nicht verstehen kann ist, dass die Leute an technisch
schlechten Teilen wie VW Käfer, Bulli oder eben so einer Ural einen
Narren fressen und die dann mit grossem Aufwand restaurieren. Die haben
dann ein unbequemes 2+2-Auto ohne funktionierende Heizung, einen
Transporter, der den Motor genau da hat, wo man eigentlich etwas
zuladen will, oder eine Ural, die in zirka allen Aspekten schlechter
ist als eine BMW. Da kann doch keine Freude aufkommen.


- Andi
Joachim Heller
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Andreas Karrer
Post by Joachim Heller
Post by Ralf Kiefer
Was ist denn das mit dem Erhitzen der Mutter und anschließendem Tunken
in Leinöl? (bei 10:40)
bruenieren.
Wobei Mutter erhitzen?
Die ist normalerweise verguetet. Also sie war es mal.
Es geht nicht ums Härten, sondern ums Brünieren bzw. Schwarzfärben.
schon klar.
Die Mutter, zumindest wenn sie von halbwegs brauchbarer Qualitaet war,
wurde vom Hersteller damals erwaermt, abgeschreckt und angelassen bzw
verguetet
Jetzt kommt der geneigte Restaurator und erwaermt sie auf Rotglut....
Von der ehemaligen Verguetung ist danach nix mehr zu finden.
Das war mein Einwand
Post by Andreas Karrer
Was ich nicht verstehen kann ist, dass die Leute an technisch
schlechten Teilen wie VW Käfer, Bulli oder eben so einer Ural einen
Narren fressen und die dann mit grossem Aufwand restaurieren.
weil..
Post by Andreas Karrer
Die haben
dann ein unbequemes 2+2-Auto ohne funktionierende Heizung, einen
Transporter, der den Motor genau da hat, wo man eigentlich etwas
zuladen will, oder eine Ural, die in zirka allen Aspekten schlechter
ist als eine BMW. Da kann doch keine Freude aufkommen.
bei manchen Menschen schon :)
Die wollen vielleicht keine technisch perfekte BMW fahren ;)
Andere klettern auf berge obwohl sie mit dem Lift einfacher hoch kommen.
Fahren mit dem Radl obwohl der Bus bequemer ist.

Gruesse Joachim
Frank Kemper
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Andreas Karrer
Was ich nicht verstehen kann ist, dass die Leute an technisch
schlechten Teilen wie VW Käfer, Bulli oder eben so einer Ural einen
Narren fressen und die dann mit grossem Aufwand restaurieren. Die haben
dann ein unbequemes 2+2-Auto ohne funktionierende Heizung, einen
Transporter, der den Motor genau da hat, wo man eigentlich etwas
zuladen will, oder eine Ural, die in zirka allen Aspekten schlechter
ist als eine BMW. Da kann doch keine Freude aufkommen.
Ich kann das auch nicht verstehen. Aber es würde mich enorm reizen.
Irgendwie mehr, als zusätzlich zu meiner Schweizertaschenmesser-GS noch
z.B. einen Supersportler zu haben.

Ich habe nach dem Film gleich mal Mobile.de angeworfen. Aber abgesehen vom
nicht vorhandenen Platz hätte ich Bedenken, für jede Stunde Fahren zwei
Stunden schrauben zu müssen.

Frank
--
The whole IT runs on Caffeine
noebbes
vor 4 Jahren
Permalink
...
Wenn Du den Platz und die Zeit dafür hast kann das unendlich viel Spass
machen.
olaf
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Frank Kemper
Ich habe nach dem Film gleich mal Mobile.de angeworfen. Aber abgesehen vom
nicht vorhandenen Platz hätte ich Bedenken, für jede Stunde Fahren zwei
Stunden schrauben zu müssen.
Dann solltest du dir eine /7 holen wie ich sie auch noch habe. Die
sind auf der einen Seite noch altertuemlich genug um Oldtimerfeeling
zu verbreiten, andererseits aber das ende eine Entwicklung und daher
zuverlaessig genug um einfach so zu funktionieren. Ausserdem noch
nicht so teuer, auch wenn ich gerade gesehen habe das die mitterlweile
3-4x so teuer sind wie das was ich da mal vor 20Jahren fuer bezahlt
habe.

Anders sieht es natuerlich aus wenn du einen Beiwagen haben willst. Da
ist die Ural, wohl konkurrenzlos preiswert und wegen ihrem Antrieb
sogar technisch ueberlegen.

Olaf
Arthur Erhardt
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Ralf Kiefer
Was ist denn das mit dem Erhitzen der Mutter und anschließendem Tunken
in Leinöl? (bei 10:40)
Brünieren, aber Joachim war schneller.
--
A. Erhardt
Luigi Rotta
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Ralf Kiefer
Der macht das mit der Chemie nicht zum ersten Mal. Im Abspann vermisse
ich die Anzahl der Urals, die vorher beim Experimentieren nicht überlebt
haben ;-)
Oder: wie viele alte Urals braucht es, um eine fahrfähige hinzukriegen?

Bei solchen Filmchen ist es lustig zu beobachten, wie gewisse
Arbeitsschritte irgendwie plötzlich schon gemacht sind <flöt> oder die
Werkstücke anders aussehen als noch zwei Einstellung vorher.

Von zu Tode geschliffenen Teile und rundgelutschten Kanten gar nicht zu
reden.
--
Gruss

Luigi

"What's considered trashy if you're poor, but classy if you're rich?"

"Getting money from the government."
Thorolf
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Luigi Rotta
Von zu Tode geschliffenen Teile und rundgelutschten Kanten gar nicht zu
reden.
aber trotzdem krass, wieviel Arbeit in das Projekt gesteckt wurde, nicht
nur die professionelle Restaurierung, sondern auch die ebenso
professionelle Kameraführung.


Hab' meine XL vor ein paar Jahren ja auch zerlegt und neu aufgebaut.

Rahmen habe ich strahlen lassen und dann mittelmäßig selbst lackiert,
ebenso andere Plastikteile, Schrauben und anderen Kleinkram neu bei
Honda als Ersatzteil gekauft oder veredeln lassen.

Die Räder nur geputzt und neue Reifen aufziehen lassen, Sitzbank neu
bezogen und der Tank wartet immer noch darauf gemacht zu werden.

Dafür habe ich die Elektrik schön neu gemacht und einiges auf LED
umgebaut, damit ist das Hauptlicht nun (fast) richtig hell :-)

Aber sie geht an, ein lockerer Kick und läuft. Hat mir bei
Batterie-Problemen mit der BMW schon manches mal den A... gerettet :-D


Aber kein Vergleich zu dem was der Typ mit der Ural gemacht hat, besser
als neu ...
--
Gruesse,

Thorolf
Ignatios Souvatzis
vor 4 Jahren
Permalink
Post by olaf
p.s: Weiss einer der anwesenden Chemiker
"Nur" Physiker, mit Schulwissen Chemie plus 1 Sem. Chemie fuer
Naturwissenschaftsstudierende im 1. Semester. Reicht dir das?
Post by olaf
was er mit den Felgen und
anderen Teilen macht? Galvanisch vernickeln oder verzinken?
Ab ca. 06:00 : Verzinken. Wobei er sich das Zink aus drei alten
Zink-Kohle-Batterien herausschnippelt und kleinhackt, dann in
Orthophosphorsäure auflöst. Das ist schon krass. Aber gut, hält
galvanisch vielleicht besser als Zinkspray.

Übrigens finde ich die Stelle nicht, wo er eine Glühlampe zwischen
die Felge und die Batterie schaltet - aber ich mag nicht glauben,
dass er Ströme fließen lässt, wo die Krokoklemme gelb glüht.
Andererseits hat der Film auf 35 Minuten die Arbeit von eher 35
Monaten zusammengefasst (ok, Vollzeit schneller). Da muss das
eine oder andere fehlen...

-is
--
A medium apple... weighs 182 grams, yields 95 kcal, and contains no
caffeine, thus making it unsuitable for sysadmins. - Brian Kantor
Arthur Erhardt
vor 4 Jahren
Permalink
Post by Ignatios Souvatzis
Post by olaf
p.s: Weiss einer der anwesenden Chemiker
"Nur" Physiker, mit Schulwissen Chemie plus 1 Sem. Chemie fuer
Naturwissenschaftsstudierende im 1. Semester. Reicht dir das?
Oh. Noch so einer ;)

[...]
--
A. Erhardt
Ignatios Souvatzis
vor 4 Jahren
Permalink
Post by olaf
p.s: Weiss einer der anwesenden Chemiker
"Nur" Physiker, mit Schulwissen Chemie plus 1 Sem. Chemie fuer
Naturwissenschaftsstudierende im 1. Semester. Reicht dir das?
Post by olaf
was er mit den Felgen und
anderen Teilen macht? Galvanisch vernickeln oder verzinken?
Ab ca. 06:00 : Verzinken. Wobei er sich das Zink aus drei alten
Zink-Kohle-Batterien herausschnippelt und kleinhackt, dann in
Orthophosphorsäure auflöst. Das ist schon krass. Aber gut, hält
galvanisch vielleicht besser als Zinkspray.

Hm... in Kombination mit Phosphatieren. Das Zinkphosphat ist schwer
löslich, elektrisch isolierend, ausserdem grobkörniger als das
Eisen und damit ein guter Untergrund für Lackierungen.[1]

Übrigens finde ich die Stelle nicht, wo er eine Glühlampe zwischen
die Felge und die Batterie schaltet - aber ich mag nicht glauben,
dass er Ströme fließen lässt, wo die Krokoklemme gelb glüht.
Andererseits hat der Film auf 35 Minuten die Arbeit von eher 35
Monaten zusammengefasst (ok, Vollzeit schneller). Da muss das
eine oder andere fehlen...

-is

[1] Hierfuer musste ich nachlesen:
https://www.kiesow.org/fileadmin/redakteure/downloads/kundeninformationen/Phosphatfibel_DE.pdf
--
A medium apple... weighs 182 grams, yields 95 kcal, and contains no
caffeine, thus making it unsuitable for sysadmins. - Brian Kantor
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