hwicht
2005-05-31 15:00:15 UTC
Das beste, was ich bis jetzt über meine Neuanschaffung sagen kann, ist, dass
ich jetzt jedem sagen kann, dass ich eine
Fontana-Doppel-Duplex-Viernocken-Renn-Trommelbremse
besitze. Wenn man das ganz schnell sagt, also etwa
"Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse"
dann gucken selbst die blutigsten Motorrad-Ignoranten ganz bewundernd, und
wollen sofort wissen, was denn so ein Fontadingsbums sei. Das ist aber auch
wirklich das beste, was ich bislang darüber berichten kann. Denn natürlich
bremst's noch nicht. Bis dahin ist's noch ein weiter Weg, denn die neue
Bremse passt nicht in die neue Gabel, die neue Gabel nicht in die
Gabelbrücken, die Stummellenker nicht an die Gabelholme, gar nicht zu reden
von der ganzen Bowdenzugmimik, die ich brauche, um den Handbremshebel (den
ich auch noch nicht habe) mit der Bremshebelei zu verbinden. Eins nach dem
andern, unten anfangen.
Erstmal hab' ich zwei Wochen sehnsüchtig auf das Paket aus Italien gewartet.
Dann lag am Mittwoch vor Fronleichnam die Paketbenachrichtigungskarte abends
im Briefkasten, mir dahingehend Meldung machend, dass ich das Paket am
Freitag auf der Post abholen könne. Freitags muss ich aber arbeiten,
Samstags wollt' ich in die Schweiz fahren, an Fronleichnam hingegen hätt'
ich gern schon mal die Bremse liebkost. Deshalb bin ich - mir allerdings
wenig Hoffnungen machend und daher den Fahrradanhänger zu Hause lassend -
noch am Mittwoch abend auf die Post geradelt: vielleicht rücken die das
Paket ja DOCH 'raus. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ("ach, Sie seh'n
doch, ich muss Fahrrad fahren, und da sind Motorradteile in dem Paket, und
wenn Sie's mir jetzt geben, dann kann ich die morgen einbauen und vielleicht
am Wochenende noch ein wenig Motorradfahren, es soll ja sooooo schön
werden.." [Dackelblick]) die ältere Dame hinter dem Tresen becirct (warum,
zum Geier, wirke ich auf ÄLTERE Damen, und nicht auf die jungen?) und mit
dem Paket abgeschoben.
Es war gar nicht so einfach, das ausladende Paket mit der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse
samt Borrani-Hochschulterfelge ohne Anhänger auf'm Fahrrad nach Hause zu
transportieren. Es lag auf der Lenkstange, weswegen ich nicht an die Bremsen
des Fahrrades herankam. Trotzdem wäre alles glattgegangen, wenn mir nicht
unser hungriger Hauskater knapp vor dem Hoftor vor lauter Begeisterung über
meine Heimkehr, die ihn mit Vorfreude auf Futter erfüllte, vor's Rad
gelaufen wäre. Mit Rücksicht auf den Kater, an dem ich sehr hänge, bin ich
beim ungebremsten Ausweichmanöver ins Hoftor gesemmelt, ohne jedoch an
Katze, Tor, Mensch und Fahrrad, und vor allem nicht an der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse grössere Schäden anzurichten.
Wenn das mal kein schlechtes Omen ist: so viele Bremsen hatt' ich noch nie
am Fahrrad, trotzdem unverzögert in den Fangzaun...
Dann hab' ich das Ding noch im Hof ausgepackt und dem Kater zur Strafe
erstmal nichts zu fressen gegeben. Erste Inspektion: in die Konstruktion,
die Materialwahl, die Ausführung der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse hat der Italiener sein
gesamtes ästhetisches, ingeniöses und handwerkliches Geschick gelegt.
Rührselige Bilder steigen vor meinem inneren Auge auf. Ich sehe Giuletta
Masini aus Fellini's "La Strada", das kulleräugige kleine Mädchen, wie es
bewundernd dem italienischen Pappa zuschaut (den man sich jetzt ein wenig
wie den Holzschnitzer Gepetto aus "Pinocchio" vorstellen muss), wie also die
goldige Giuletta dem Pappa zuschaut, der mit kundigen Händen in seiner
romantischen Hinterhofwerkstatt die Einzelteile der Trommelbremse
zusammenfügt -- und dann kommt, um bei "La Strada" zu bleiben, Anthony
Quinn, alias der grosse Zampano, der Eisenbieger, und speicht die Trommel in
die Felge ein. Ächz. Die Punzung stimmt nicht, die Nippel sitzen schief, die
Hälfte der Speichen ist brutal geknickt, weil sie am Speichenkranz der
Trommel auf der falschen Seite eingehängt sind. Ausserdem hat die Sache
einen barbarischen Höhen- und Seitenschlag.
Fronleichnam hab' ich dann das Rad ausgespeicht. Am Sonntag drauf (wir kamen
schon früh aus Basel zurück) hab' ich es wieder eingespeicht, die Speichen
umgesetzt, ein wenig an den Prunzungen herumgefeilt, so dass die Nippel
gerade sitzen, die Sache zentriert ... schade, ich hätt' dabei eine Giuletta
brauchen können, die mir bewundernd über die Schulter schaut, mir ab und zu
dem Schweiss von der Stirne wischt (denn es war am Sonntag heiss in meiner
Wellblechgarage) und mir dann und wann ein kühles Bierchen an die Lippen
führt.
Statt dessen sagte abends meine grosse Zampana zu mir (nachdem ich ihr mein
Tagwerk mit stolzgeschwellter Brust geschildert hatte), dass Sie es völlig
unverständlich fände, weswegen ich so viel Geld für solchen offensichtlichen
Pfusch ausgäbe.
Sie ist herzensgut, aber keine Italienerin. Wenn man "La Strada" mit ihr
gedreht hätte, wär' sie dem grossen Zampano noch am ersten Abend mitsamt
seinem Guzzi-Dreirad durchgebrannt. Das hatte, wenn ich mich recht entsinne,
Scheibenräder. Is' auch besser so.
ich jetzt jedem sagen kann, dass ich eine
Fontana-Doppel-Duplex-Viernocken-Renn-Trommelbremse
besitze. Wenn man das ganz schnell sagt, also etwa
"Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse"
dann gucken selbst die blutigsten Motorrad-Ignoranten ganz bewundernd, und
wollen sofort wissen, was denn so ein Fontadingsbums sei. Das ist aber auch
wirklich das beste, was ich bislang darüber berichten kann. Denn natürlich
bremst's noch nicht. Bis dahin ist's noch ein weiter Weg, denn die neue
Bremse passt nicht in die neue Gabel, die neue Gabel nicht in die
Gabelbrücken, die Stummellenker nicht an die Gabelholme, gar nicht zu reden
von der ganzen Bowdenzugmimik, die ich brauche, um den Handbremshebel (den
ich auch noch nicht habe) mit der Bremshebelei zu verbinden. Eins nach dem
andern, unten anfangen.
Erstmal hab' ich zwei Wochen sehnsüchtig auf das Paket aus Italien gewartet.
Dann lag am Mittwoch vor Fronleichnam die Paketbenachrichtigungskarte abends
im Briefkasten, mir dahingehend Meldung machend, dass ich das Paket am
Freitag auf der Post abholen könne. Freitags muss ich aber arbeiten,
Samstags wollt' ich in die Schweiz fahren, an Fronleichnam hingegen hätt'
ich gern schon mal die Bremse liebkost. Deshalb bin ich - mir allerdings
wenig Hoffnungen machend und daher den Fahrradanhänger zu Hause lassend -
noch am Mittwoch abend auf die Post geradelt: vielleicht rücken die das
Paket ja DOCH 'raus. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ("ach, Sie seh'n
doch, ich muss Fahrrad fahren, und da sind Motorradteile in dem Paket, und
wenn Sie's mir jetzt geben, dann kann ich die morgen einbauen und vielleicht
am Wochenende noch ein wenig Motorradfahren, es soll ja sooooo schön
werden.." [Dackelblick]) die ältere Dame hinter dem Tresen becirct (warum,
zum Geier, wirke ich auf ÄLTERE Damen, und nicht auf die jungen?) und mit
dem Paket abgeschoben.
Es war gar nicht so einfach, das ausladende Paket mit der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse
samt Borrani-Hochschulterfelge ohne Anhänger auf'm Fahrrad nach Hause zu
transportieren. Es lag auf der Lenkstange, weswegen ich nicht an die Bremsen
des Fahrrades herankam. Trotzdem wäre alles glattgegangen, wenn mir nicht
unser hungriger Hauskater knapp vor dem Hoftor vor lauter Begeisterung über
meine Heimkehr, die ihn mit Vorfreude auf Futter erfüllte, vor's Rad
gelaufen wäre. Mit Rücksicht auf den Kater, an dem ich sehr hänge, bin ich
beim ungebremsten Ausweichmanöver ins Hoftor gesemmelt, ohne jedoch an
Katze, Tor, Mensch und Fahrrad, und vor allem nicht an der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse grössere Schäden anzurichten.
Wenn das mal kein schlechtes Omen ist: so viele Bremsen hatt' ich noch nie
am Fahrrad, trotzdem unverzögert in den Fangzaun...
Dann hab' ich das Ding noch im Hof ausgepackt und dem Kater zur Strafe
erstmal nichts zu fressen gegeben. Erste Inspektion: in die Konstruktion,
die Materialwahl, die Ausführung der
Fontanadoppelduplexviernockenrenntrommelbremse hat der Italiener sein
gesamtes ästhetisches, ingeniöses und handwerkliches Geschick gelegt.
Rührselige Bilder steigen vor meinem inneren Auge auf. Ich sehe Giuletta
Masini aus Fellini's "La Strada", das kulleräugige kleine Mädchen, wie es
bewundernd dem italienischen Pappa zuschaut (den man sich jetzt ein wenig
wie den Holzschnitzer Gepetto aus "Pinocchio" vorstellen muss), wie also die
goldige Giuletta dem Pappa zuschaut, der mit kundigen Händen in seiner
romantischen Hinterhofwerkstatt die Einzelteile der Trommelbremse
zusammenfügt -- und dann kommt, um bei "La Strada" zu bleiben, Anthony
Quinn, alias der grosse Zampano, der Eisenbieger, und speicht die Trommel in
die Felge ein. Ächz. Die Punzung stimmt nicht, die Nippel sitzen schief, die
Hälfte der Speichen ist brutal geknickt, weil sie am Speichenkranz der
Trommel auf der falschen Seite eingehängt sind. Ausserdem hat die Sache
einen barbarischen Höhen- und Seitenschlag.
Fronleichnam hab' ich dann das Rad ausgespeicht. Am Sonntag drauf (wir kamen
schon früh aus Basel zurück) hab' ich es wieder eingespeicht, die Speichen
umgesetzt, ein wenig an den Prunzungen herumgefeilt, so dass die Nippel
gerade sitzen, die Sache zentriert ... schade, ich hätt' dabei eine Giuletta
brauchen können, die mir bewundernd über die Schulter schaut, mir ab und zu
dem Schweiss von der Stirne wischt (denn es war am Sonntag heiss in meiner
Wellblechgarage) und mir dann und wann ein kühles Bierchen an die Lippen
führt.
Statt dessen sagte abends meine grosse Zampana zu mir (nachdem ich ihr mein
Tagwerk mit stolzgeschwellter Brust geschildert hatte), dass Sie es völlig
unverständlich fände, weswegen ich so viel Geld für solchen offensichtlichen
Pfusch ausgäbe.
Sie ist herzensgut, aber keine Italienerin. Wenn man "La Strada" mit ihr
gedreht hätte, wär' sie dem grossen Zampano noch am ersten Abend mitsamt
seinem Guzzi-Dreirad durchgebrannt. Das hatte, wenn ich mich recht entsinne,
Scheibenräder. Is' auch besser so.
--
Helmut Wicht
email: wicht(klammeraff)em.uni-frankfurt.de
"Das fortdauernde Daseyn der Menschheit beweist lediglich die Geilheit
derselben." (Arthur Schopenhauer)
Helmut Wicht
email: wicht(klammeraff)em.uni-frankfurt.de
"Das fortdauernde Daseyn der Menschheit beweist lediglich die Geilheit
derselben." (Arthur Schopenhauer)