Volker Bartheld
2021-05-15 10:26:43 UTC
Memento Suzuki - 7.11.2008
[https://bartheld.net/gablingen/]
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Mittlererweile ist es ja bei oscarverdächtigen Streifen in, die Geschichte
umgekehrt chronologisch zu erzählen. Also will ich das bei der
Retrospektive der vergangenen RMZ-Entjungferungen auch tun. Den
Deflorationsplural erlaube ich mir übrigens, da lt. Handbuch dieser Prozeß
120 Minuten dauert, eine Nettofahrzeit, die ein leicht angefetteter,
bewegungslegasthenischer und konditionell herausgeforderter Pilot wie ich
niemals an einem Tag oder gar am Stück ableisten kann.
Vollkommen aussichtslos. Und das bei einem Krad, das in Anmutung und
Charakter quasi die Materialisierung der Aussage "Ich will doch nur
spielen" ist.
Der erste Ölwechsel ist vollbracht. Wider Erwarten verlief er vollkommen
ereignislos und mit unauffälligem Befund. Quasi Münchner-Schraubgaragen-
(interessant, je stärker der Migrationshintergrund einer Siedlung ist,
umso mehr wandelt sich spießbürgerliche Polizeiverpfeiferei in
wohlwollende Duldung, bei der jüngeren Generation oft sogar frenetische
Beifallsbekundungen), Sonntags- (neuerdings darf man in Bayern dann sogar
sein Auto waschen, freilich nur, nachdem man im Morgengottesdienst einen
Bon gezogen hat) und sakkohosentauglich.
Mit etwas drehen, schwenken, kippen und kicken quetsche ich der RMZ sogar
1.1 Literchen Einfahröl ab, 100ml mehr als vorgeschrieben und ziemlich
knapp an der "Revisionsmenge". Das Spanaufkommen in den zwei Ölsieben ist
faktisch nicht existent - ganz im Gegensatz zum Reibeisen von KTM, auch im
gut zugänglichen und via O-Ring abgedichteten Ölfilterchen findet sich nur
eine sonderbare Art Urschlamm. Ölsiebchen Nr. Zwo versteckt sich übrigens
im Ansaugschnorchelchen des niedlichen Ölpümpchens, hinter dem
Lichtmaschinendeckelchen, der von etlichen unterschiedlich langen
Schräubchen (zehn Newtonmeterchen, was bei einem 8er T-Griff quasi "so
fest wie möglich ist"), einer gefühlsecht neoprenbeschichteten Dichtung
(voll recyclingfähig!), zwei Paßbüchselein und der magnetischen Haftung
des winzigen Stators festgehalten wird. Letzere beschert mir kurzzeitig
einen kleinen Hitzeflash und schweißnasse Achselhölen.
Eine gut eingeschenkte Maß Castrol RS später ist der Ölstand justiert.
Hierzu befindet das Handbuch: "Das kalte Motorrad drei Minuten bei
Leerlaufdrehzahl betreiben, abstellen und zwei Minuten warten. Danach die
Ölkontrollschraube entfernen und überschüssiges Öl ablaufen lassen bzw.
bis zum Überlauf nachfüllen.". Kein Problem für Terroristen-Quarzuhr und
sicher auch nicht für den Hauswirt, der die Ölflecken am Garagenboden
wegputzen muß.
Wir haben den Suzukiseitenständer in der Waschbox vergessen. Mist! 30 bange
Minuten und einige flensburgverdächtige Fahrmanöver später erklärt uns der
dort glücklicherweise noch anwesende Käfigfahrzeugpfleger, daß er das
merkwürdige "Drahtdreieck" um ein Haar überrollt, als Müll identifiziert
und deswegen in den Abfalleimer entsorgt hätte. *grmpf* Um ein Haar
nervenzerfetzender und überdies erfolgloser Sucherei entgangen. Und dabei
ist der Seitenständer zur Abwechslung durchaus brauchbar, mit
saugend-schmatzender Passung in der hinteren Steckachse und dank
niedlicher Anschweißfüßchen ohne spontan-vor-der-Garageneinfahrt-Umkipp-
und wieder-mal-Kupplungshebel-kaputt-Risiko.
Anlieger und Spurrillen. Reichlich. Dafür zunehmend besserer Grip, es
beginnt Spaß zu machen. Die Buben Peter, Basti und Konsti zelebrieren
einen ordentlichen Offroadworkout, der mit einem spontan abbrechenden
Kupplungshebel (Basti) und einer - wegen Schlammlochummkippers - etwas
vermosten YZ450 (Peter) endet. Die RMZ bleibt sturz- und hoppalafrei.
Kontrolliert, präzise, dezent-edel. 47 Minuten. Geil war's. Ich habe die
breiten Fußrasten schätzen gelernt. Mehr als genug Platz bis und über
Schuhgröße 45.
Die Jungs sticheln mit "Quantya", "Elektromotor", "Gummibandantrieb".
Allerdings kann auch die Zuki beim Zug am Kabel ganz ordentlich "Wuff"
machen - nur eben ohne KTM-Dellorto-*plopp*-Aus oder
Beschleunigerpumpen-Gedenksekunde. Es gilt also auch hier: "Springt das
Motorrad beim dritten Startversuch nicht an, ist es (bzw. die Kerze)
defekt und muß instand gesetzt (d. h. erneuert) werden". Been there, done
that (nach vier Jahren). War nervig genug.
Manching präsentiert sich wohltemperiert und in strahlendem Sonnenschein,
jedoch zunächst recht schlammig. Es wurde bis nach dem geplanten Start mit
landwirtschaftlichem Gerät versucht, die Strecke befahrbar zu machen. Die
dabei eingesetzte Scheibenegge mag vielleicht die optimale Verbindung von
intensiver Krümelung der Oberfläche unter Berücksichtung tieferer
Untergrundlockerung sein - ohne anschließende Verdichtung blieb es aber
schlichtweg elendig matschig. Deswegen versüße ich mir die Zeit bis zum
dreckreduzierten Start mit Fotoreportagen.
Spezl Lutz verweigert - mit bedeutungsschwangerem Blick auf den vollkommen
abgefahrenen Hinterreifen der YZ. Ihr Schwesterlein riskiert erst einige
zaghafte Umdrehungen und blubbert dann wie üblich beim dritten Tritt mit
metronomischem Leerlauf vor sich hin.
Bei der Anfahrt zur Dachauer Moppedgarage vergegenwärtigen Lutz und ich uns
wieder einmal, weshalb eine Offroadangasung im Vergleich zur
Straßenschwuchtelei der klar bessere Zeitvertreib ist: Eine einzige Kurve
effizient-dynamisch im Randbereich des kammschen Kreises genommen - unter
strikter Beachtung des Tempolimits freilich - und schon jubelt uns eine
Horde von Groupies zu: Der Briefträger deutet angesichts unseres genialen
Manövers an seine Stirn, ein freundlicher Landwirt winkt mit der
Mistgabel, Kinder quietschen vergnügt, deren Mütter ziehen sie herzend an
ihre Brust zurück und Senioren springen mit wiedererlangtem jugendlichen
Elan von der Fahrbahn auf den Gehsteig.
Es ist schon eine seltsame Sache mit der Normalität: Normale Leute finden
seltsame Leute seltsam. Das beruht freilich auf vollkommener
Gegensätzlichkeit. Normal seltsam, oder? Es ist ein Art soziale
Vorzeichenumkehr, gänzlich orthogonale Räume. Aber ich schweife ab.
Verzeihung.
Die ungleichen Schwestern RMZ und YZ sind wieder sauber. Der - im Falle der
Zuki - Erstkontakt mit reichlich H2O hat den mit ordentlich Fett
versehenen Lagern nicht geschadet. Nach der Spritzi-Spritzi-Aktion steht
das schwarz-blaue Duo zu neuen Schandtaten bereit.
Der Boden in Warching ist nicht homogen, sondern besteht aus einer äußerst
haftfähigen Mischung: Sand, Lehm und Steinchen. Das gibt Grip und ist der
Traum eines jeden (Fachwerk)Häuslebauers. Ein mit diesem Kompositdreck
kontaminiertes Motorrad mehrere Tage zum Aushärten in der Garage stehen zu
lassen, ist eine ausgesprochen schlechte Idee. Hätte ich mir angesichts
der eifrig noch vor Ort mit Pfannenwendern und Topfkratzern schabenden
Enduristi eigentlich denken können. Durch die so notwendige Kärcheraktion
ist das 50:50-Verhältnis von Schrauben und Fahren endlich wieder
gewährleistet.
Die Suzuki befindet sich - leicht angeschmutzt freilich - auf dem schon
eingangs erwähnten Seitenständer in der Garage, gleich neben der YZ426, die
wegen ihres schwarz-blauen Kleides und der Kombination aus Zuverlässigkeit
und Spaßfaktor ihre ungleiche Schwester sein könnte.
Der leichte Muskelkater in den Adduktoren wird vermutlich deutlich früher
vergehen, als das in diversen Motorradpostillen gerne bemühte, debile
Grinsen, das gestern auch das Gesicht von Sportsfreund Lutz zierte. Lutz
war kurzfristig durch eine PR-Veranstaltung des Manchinger
Lenkflugkörperfabrikanten verhindert, schaltet sich aber später
effizient-dynamisch X5-beschleunigt und GPS-gesteuert in Warching zu, als
ich schon 47 terroristenchronografische Minuten auf dem neuen Gerät
absolviert hatte.
Die DIY-Motorschutzplatte ist intakt geblieben und erwies sich auch als
bitter nötig. Ein Motorrad serienmäßig ohne dieses Zubehörteil zu verkaufen
ist ebenso unsittlich, wie eine Firma namens LightSpeed, die ebendieses
Produkt schon seit Monaten auf der Homepage bewirbt aber nicht liefert.
Unter dem Begriff "Lichtgeschwindigkeit" stelle zumindest *ich* mir etwas
deutlich anderes vor.
Der im Volumen verringerte und todschicke Aluminiumtank der RMZ hält
übrigens exakt 107 ebenfalls mit der Stoppuhr ermittelte Minuten, die
glücklicherweise exakt _vor_ und nicht _auf_ der berüchtigten
Steilauffahrt zu Ende gingen. Dort hatte sich zuvor im Getümmel und aus
nicht näher bekannten Gründen ein Jungspund auf gar spektakuläre Art und
Weise von seinen Mopped getrennt. Meine Kiste bleibt unter
Kraftstoffentzug übrigens von einer Zehntelsekunde auf die andere stehen,
im furztrockenen Benzintank herscht Vakuum. Bis dahin: Kein Ruckeln, kein
Schießen, keine Gedenksekunde. Nix. Hängt am Gas wie Waldi an der Wiener.
Die mechanische Verlängerung des motorischen Cortex. Für Windows-User: Es
poppt der "Are you sure?"-Dialog auf und wird nach 100 Millisekunden mit
Klick auf "[X] Nicht wieder anzeigen [ Yes ]" terminiert.
Himmel ist die RMZ geil. Ich bin immer noch ganz euphorisch. Mannomann. Das
ist gleich eine ganz andere Fahrerei. Wahnsinn. Buchstäblich der
Unterschied zwischen einem Plastikmesser vom Baumarkt und einem Damaszener
Schwert. Als sich eine etwas müde Schulterpartie ankündigt, wird die Gabel
vorne drei Klicks (Zug- und Druckstufe) aufgemacht, bleibt trotzdem immer
noch etwas hart. Das liegt ohne Frage an der recht supercrossigen
Abstimmung. Da heißt es abwarten und Tee trinken.
Ggfs. mache ich es dem Peter nach, der hat seiner CR250R etwas weichere
Gabelfedern spendiert. Peter betreibt Zehnkampf und ist so breit wie ich
hoch. Daher sollte für mich besser sein, was für ihn gut ist.
Wenn ich übrigens partout meckern soll: Gelegentlich gab's ein bißchen
Unruhe im Lenker, einmal richtiges Lenkerschlagen. Könnte an der
Handlichkeit und der etwas überdämpften Gabeleinstellung gelegen haben.
Oder meiner fahrerischen Inkompetenz. Sprünge sind mit dem Teil
regelrechte No-Brainer. Gas, drüber, Landung, fertig. Fliegt man zu weit,
merkt man es nicht mal. Das Fahrwerk saugt solche Aktionen einfach auf,
während man unterm Helm entspannt ein Liedchen pfeift.
Die letzte Dreiviertelstunde dann quasi mit dem Messer zwischen den Zähnen,
was bei mir vermutlich läppische 60-70% Peakperformance sind. Das Handbuch
sagt, man soll die zweite Stunde unter 75% bleiben. Das bedeutet: Ich fahre
die Kiste quasi immer nur ein, was die Hoffung auf eine lange Haltbarkeit
der Komponenten schürt.
t+60 Minuten: Die Kette muß etwas nachgespannt werden. Eine goldene DID
520VMX übrigens. Sympathisch. Das war bei der YZ damals nicht Stand der
Serie. Weiter geht's: Mit den nagelneuen Bridgestones brennt die Erde.
Vollkommen surreale Schräglagen bei abartigem Grip. Anlieger manifestieren
sich aus dem Nichts, einige Tables schreien förmlich nach etwas Airstyle.
Die Nissin-Wavebremse klingt im härteren Zugriff etwas quietschig, ankert
aber jederzeit verläßlich. Quasi die invertierte Motorcharakteristik.
Negativ ist positiv.
Die handkonfektionierten Neoprenstrümpfe falten sich sauber ein, rubbeln
nicht nennenswert an den Gabelspoilern. Überzeugend. Im Falle eines Falles
habe ich im Halbzeugelager noch einen Quadratmeter herumliegen. Leider in
KTM-Orange. Bei den kurzen Pausen und am Fahrerlager vorbei gab es einige
hervorquellende Augen. Es konnte sich wohl keiner so recht einen Reim
darauf machen, was das für ein niegelnagelneues schwarzes Teil mit
Alurahmen/-tank und der Lusche obendrauf war. Die 2010er Yam etwa? ;-)
Ich habe die Kiste anfangs ein wenig warmlaufen lassen und bin dann 30 Min.
relativ moderat herumgerollt, max 25%. Danach 1/2h mit mehr Druck,
geschätzte 50%; die Gänge blieben länger länger drin. Danach Erschöpfung,
Pause, Sauerstoffzelt.
Ein Blick ins Handbuch zeigt: Crosser zureiten ist einfach. 60 Minuten bei
max. 50%, weitere 60 Minuten bei max. 75%.
120 Minuten. Hmmm... Da ein dedizierter Betriebsstundenzähler aus
Kosteneffizienzgründen ausscheidet, fördere ich nach einem Kopfsprung in
die Grabbelkiste im Keller ein praktisches "Kombiinstrument" zutage. Es
kann die Zeit stoppen, einen Alarm setzen, die Uhrzeit anzeigen ist
kompakt, wasserdicht bis 15 Meter, auf Wunsch beleuchtet, stoßfest, hört
auf den Namen "Unisex-Armbanduhr Digital Quarz W-800H-1AVES": Ein
schwarzer Billigchronograph von Casio, des Terroristen und Watchmodders
liebstes Kind, der mit einem aus Cordura und Klett gefertigten
Ersatzarmband wie angegossen auf den Lenkerprallschutz paßt.
Mit dem Autodeko (kein Hebelchen am Lenker sondern ein kleiner Japaner im
Ventiltrieb) muß ich mich noch anfreunden. Es gibt einen Zustand beim
Anlassen, da rastet der Mechanismus ein und die Kompression ist weg. Man
spürt den oberen Totpunkt fast nicht mehr und kann auf dem Kickstarter
hampeln wie beim Zweitakter. Die Suzuki startet aber stets willig und nach
dem Druck auf den Killknopf ist die Kompression wieder da.
Ein ausgesprochen moderates Stimmchen entspringt dem Auspuff, das unter
Last zu einem verhaltenen Cresecendo anschwillt. Fortissimo Fehlanzeige.
Könnte so fast als Enduro durchgehen. Freilich gab es beim dreiminütigen
Ölstandstestlauf (weder Schauloch noch Peilstab sondern ein mittels
Schraube verschlossenes Gewindeloch im Lichtmaschinendeckel) in der
Münchner Außenstelle von Volkers Schrauberhöhle trotzdem Anlaß zur
Beschwerde: Dem Auspuff entströmten nach Aussage einer
diskussionsfreudigen Anwohnerin merkwürdige und vor allem übelriechende
Dämpfe - bis hoch in den dritten Stock.
Übelriechend? Finde ich nicht. Die RMZ riecht a tergo etwas
erdig-schokoladig, mit einem Hauch von Bittermandel-Caramel. Ein ideal
komponierter Open-Loop-Lambda-1.0-Mokka sozusagen.
Ich habe stundenlang geschraubt, eine handgefertigte Motorschutzplatte aus
PVC-Glas mit dem Heißluftföhn gebogen und angepaßt, diverse Lager zerlegt
und prophylaktisch gefettet, den Lenkkopf eingestellt, eine Lenkererhöhung
angebaut, dazu Spezialschrauben gefertigt (welche vergessen wurden und
dann inopportunerweise nach einigen Jahren abgerissen sind),
Gabelschutzstrümpfe aus Neopren übergezogen und zu guter Letzt das
kanariengelbe Plastikkleid durch ein solches aus edlem Schwarz ersetzt.
Es ist vollbracht: Pfiat Di Langeweile, griaß Di Spaß!
Volker
[https://bartheld.net/gablingen/]
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Mittlererweile ist es ja bei oscarverdächtigen Streifen in, die Geschichte
umgekehrt chronologisch zu erzählen. Also will ich das bei der
Retrospektive der vergangenen RMZ-Entjungferungen auch tun. Den
Deflorationsplural erlaube ich mir übrigens, da lt. Handbuch dieser Prozeß
120 Minuten dauert, eine Nettofahrzeit, die ein leicht angefetteter,
bewegungslegasthenischer und konditionell herausgeforderter Pilot wie ich
niemals an einem Tag oder gar am Stück ableisten kann.
Vollkommen aussichtslos. Und das bei einem Krad, das in Anmutung und
Charakter quasi die Materialisierung der Aussage "Ich will doch nur
spielen" ist.
Der erste Ölwechsel ist vollbracht. Wider Erwarten verlief er vollkommen
ereignislos und mit unauffälligem Befund. Quasi Münchner-Schraubgaragen-
(interessant, je stärker der Migrationshintergrund einer Siedlung ist,
umso mehr wandelt sich spießbürgerliche Polizeiverpfeiferei in
wohlwollende Duldung, bei der jüngeren Generation oft sogar frenetische
Beifallsbekundungen), Sonntags- (neuerdings darf man in Bayern dann sogar
sein Auto waschen, freilich nur, nachdem man im Morgengottesdienst einen
Bon gezogen hat) und sakkohosentauglich.
Mit etwas drehen, schwenken, kippen und kicken quetsche ich der RMZ sogar
1.1 Literchen Einfahröl ab, 100ml mehr als vorgeschrieben und ziemlich
knapp an der "Revisionsmenge". Das Spanaufkommen in den zwei Ölsieben ist
faktisch nicht existent - ganz im Gegensatz zum Reibeisen von KTM, auch im
gut zugänglichen und via O-Ring abgedichteten Ölfilterchen findet sich nur
eine sonderbare Art Urschlamm. Ölsiebchen Nr. Zwo versteckt sich übrigens
im Ansaugschnorchelchen des niedlichen Ölpümpchens, hinter dem
Lichtmaschinendeckelchen, der von etlichen unterschiedlich langen
Schräubchen (zehn Newtonmeterchen, was bei einem 8er T-Griff quasi "so
fest wie möglich ist"), einer gefühlsecht neoprenbeschichteten Dichtung
(voll recyclingfähig!), zwei Paßbüchselein und der magnetischen Haftung
des winzigen Stators festgehalten wird. Letzere beschert mir kurzzeitig
einen kleinen Hitzeflash und schweißnasse Achselhölen.
Eine gut eingeschenkte Maß Castrol RS später ist der Ölstand justiert.
Hierzu befindet das Handbuch: "Das kalte Motorrad drei Minuten bei
Leerlaufdrehzahl betreiben, abstellen und zwei Minuten warten. Danach die
Ölkontrollschraube entfernen und überschüssiges Öl ablaufen lassen bzw.
bis zum Überlauf nachfüllen.". Kein Problem für Terroristen-Quarzuhr und
sicher auch nicht für den Hauswirt, der die Ölflecken am Garagenboden
wegputzen muß.
Wir haben den Suzukiseitenständer in der Waschbox vergessen. Mist! 30 bange
Minuten und einige flensburgverdächtige Fahrmanöver später erklärt uns der
dort glücklicherweise noch anwesende Käfigfahrzeugpfleger, daß er das
merkwürdige "Drahtdreieck" um ein Haar überrollt, als Müll identifiziert
und deswegen in den Abfalleimer entsorgt hätte. *grmpf* Um ein Haar
nervenzerfetzender und überdies erfolgloser Sucherei entgangen. Und dabei
ist der Seitenständer zur Abwechslung durchaus brauchbar, mit
saugend-schmatzender Passung in der hinteren Steckachse und dank
niedlicher Anschweißfüßchen ohne spontan-vor-der-Garageneinfahrt-Umkipp-
und wieder-mal-Kupplungshebel-kaputt-Risiko.
Anlieger und Spurrillen. Reichlich. Dafür zunehmend besserer Grip, es
beginnt Spaß zu machen. Die Buben Peter, Basti und Konsti zelebrieren
einen ordentlichen Offroadworkout, der mit einem spontan abbrechenden
Kupplungshebel (Basti) und einer - wegen Schlammlochummkippers - etwas
vermosten YZ450 (Peter) endet. Die RMZ bleibt sturz- und hoppalafrei.
Kontrolliert, präzise, dezent-edel. 47 Minuten. Geil war's. Ich habe die
breiten Fußrasten schätzen gelernt. Mehr als genug Platz bis und über
Schuhgröße 45.
Die Jungs sticheln mit "Quantya", "Elektromotor", "Gummibandantrieb".
Allerdings kann auch die Zuki beim Zug am Kabel ganz ordentlich "Wuff"
machen - nur eben ohne KTM-Dellorto-*plopp*-Aus oder
Beschleunigerpumpen-Gedenksekunde. Es gilt also auch hier: "Springt das
Motorrad beim dritten Startversuch nicht an, ist es (bzw. die Kerze)
defekt und muß instand gesetzt (d. h. erneuert) werden". Been there, done
that (nach vier Jahren). War nervig genug.
Manching präsentiert sich wohltemperiert und in strahlendem Sonnenschein,
jedoch zunächst recht schlammig. Es wurde bis nach dem geplanten Start mit
landwirtschaftlichem Gerät versucht, die Strecke befahrbar zu machen. Die
dabei eingesetzte Scheibenegge mag vielleicht die optimale Verbindung von
intensiver Krümelung der Oberfläche unter Berücksichtung tieferer
Untergrundlockerung sein - ohne anschließende Verdichtung blieb es aber
schlichtweg elendig matschig. Deswegen versüße ich mir die Zeit bis zum
dreckreduzierten Start mit Fotoreportagen.
Spezl Lutz verweigert - mit bedeutungsschwangerem Blick auf den vollkommen
abgefahrenen Hinterreifen der YZ. Ihr Schwesterlein riskiert erst einige
zaghafte Umdrehungen und blubbert dann wie üblich beim dritten Tritt mit
metronomischem Leerlauf vor sich hin.
Bei der Anfahrt zur Dachauer Moppedgarage vergegenwärtigen Lutz und ich uns
wieder einmal, weshalb eine Offroadangasung im Vergleich zur
Straßenschwuchtelei der klar bessere Zeitvertreib ist: Eine einzige Kurve
effizient-dynamisch im Randbereich des kammschen Kreises genommen - unter
strikter Beachtung des Tempolimits freilich - und schon jubelt uns eine
Horde von Groupies zu: Der Briefträger deutet angesichts unseres genialen
Manövers an seine Stirn, ein freundlicher Landwirt winkt mit der
Mistgabel, Kinder quietschen vergnügt, deren Mütter ziehen sie herzend an
ihre Brust zurück und Senioren springen mit wiedererlangtem jugendlichen
Elan von der Fahrbahn auf den Gehsteig.
Es ist schon eine seltsame Sache mit der Normalität: Normale Leute finden
seltsame Leute seltsam. Das beruht freilich auf vollkommener
Gegensätzlichkeit. Normal seltsam, oder? Es ist ein Art soziale
Vorzeichenumkehr, gänzlich orthogonale Räume. Aber ich schweife ab.
Verzeihung.
Die ungleichen Schwestern RMZ und YZ sind wieder sauber. Der - im Falle der
Zuki - Erstkontakt mit reichlich H2O hat den mit ordentlich Fett
versehenen Lagern nicht geschadet. Nach der Spritzi-Spritzi-Aktion steht
das schwarz-blaue Duo zu neuen Schandtaten bereit.
Der Boden in Warching ist nicht homogen, sondern besteht aus einer äußerst
haftfähigen Mischung: Sand, Lehm und Steinchen. Das gibt Grip und ist der
Traum eines jeden (Fachwerk)Häuslebauers. Ein mit diesem Kompositdreck
kontaminiertes Motorrad mehrere Tage zum Aushärten in der Garage stehen zu
lassen, ist eine ausgesprochen schlechte Idee. Hätte ich mir angesichts
der eifrig noch vor Ort mit Pfannenwendern und Topfkratzern schabenden
Enduristi eigentlich denken können. Durch die so notwendige Kärcheraktion
ist das 50:50-Verhältnis von Schrauben und Fahren endlich wieder
gewährleistet.
Die Suzuki befindet sich - leicht angeschmutzt freilich - auf dem schon
eingangs erwähnten Seitenständer in der Garage, gleich neben der YZ426, die
wegen ihres schwarz-blauen Kleides und der Kombination aus Zuverlässigkeit
und Spaßfaktor ihre ungleiche Schwester sein könnte.
Der leichte Muskelkater in den Adduktoren wird vermutlich deutlich früher
vergehen, als das in diversen Motorradpostillen gerne bemühte, debile
Grinsen, das gestern auch das Gesicht von Sportsfreund Lutz zierte. Lutz
war kurzfristig durch eine PR-Veranstaltung des Manchinger
Lenkflugkörperfabrikanten verhindert, schaltet sich aber später
effizient-dynamisch X5-beschleunigt und GPS-gesteuert in Warching zu, als
ich schon 47 terroristenchronografische Minuten auf dem neuen Gerät
absolviert hatte.
Die DIY-Motorschutzplatte ist intakt geblieben und erwies sich auch als
bitter nötig. Ein Motorrad serienmäßig ohne dieses Zubehörteil zu verkaufen
ist ebenso unsittlich, wie eine Firma namens LightSpeed, die ebendieses
Produkt schon seit Monaten auf der Homepage bewirbt aber nicht liefert.
Unter dem Begriff "Lichtgeschwindigkeit" stelle zumindest *ich* mir etwas
deutlich anderes vor.
Der im Volumen verringerte und todschicke Aluminiumtank der RMZ hält
übrigens exakt 107 ebenfalls mit der Stoppuhr ermittelte Minuten, die
glücklicherweise exakt _vor_ und nicht _auf_ der berüchtigten
Steilauffahrt zu Ende gingen. Dort hatte sich zuvor im Getümmel und aus
nicht näher bekannten Gründen ein Jungspund auf gar spektakuläre Art und
Weise von seinen Mopped getrennt. Meine Kiste bleibt unter
Kraftstoffentzug übrigens von einer Zehntelsekunde auf die andere stehen,
im furztrockenen Benzintank herscht Vakuum. Bis dahin: Kein Ruckeln, kein
Schießen, keine Gedenksekunde. Nix. Hängt am Gas wie Waldi an der Wiener.
Die mechanische Verlängerung des motorischen Cortex. Für Windows-User: Es
poppt der "Are you sure?"-Dialog auf und wird nach 100 Millisekunden mit
Klick auf "[X] Nicht wieder anzeigen [ Yes ]" terminiert.
Himmel ist die RMZ geil. Ich bin immer noch ganz euphorisch. Mannomann. Das
ist gleich eine ganz andere Fahrerei. Wahnsinn. Buchstäblich der
Unterschied zwischen einem Plastikmesser vom Baumarkt und einem Damaszener
Schwert. Als sich eine etwas müde Schulterpartie ankündigt, wird die Gabel
vorne drei Klicks (Zug- und Druckstufe) aufgemacht, bleibt trotzdem immer
noch etwas hart. Das liegt ohne Frage an der recht supercrossigen
Abstimmung. Da heißt es abwarten und Tee trinken.
Ggfs. mache ich es dem Peter nach, der hat seiner CR250R etwas weichere
Gabelfedern spendiert. Peter betreibt Zehnkampf und ist so breit wie ich
hoch. Daher sollte für mich besser sein, was für ihn gut ist.
Wenn ich übrigens partout meckern soll: Gelegentlich gab's ein bißchen
Unruhe im Lenker, einmal richtiges Lenkerschlagen. Könnte an der
Handlichkeit und der etwas überdämpften Gabeleinstellung gelegen haben.
Oder meiner fahrerischen Inkompetenz. Sprünge sind mit dem Teil
regelrechte No-Brainer. Gas, drüber, Landung, fertig. Fliegt man zu weit,
merkt man es nicht mal. Das Fahrwerk saugt solche Aktionen einfach auf,
während man unterm Helm entspannt ein Liedchen pfeift.
Die letzte Dreiviertelstunde dann quasi mit dem Messer zwischen den Zähnen,
was bei mir vermutlich läppische 60-70% Peakperformance sind. Das Handbuch
sagt, man soll die zweite Stunde unter 75% bleiben. Das bedeutet: Ich fahre
die Kiste quasi immer nur ein, was die Hoffung auf eine lange Haltbarkeit
der Komponenten schürt.
t+60 Minuten: Die Kette muß etwas nachgespannt werden. Eine goldene DID
520VMX übrigens. Sympathisch. Das war bei der YZ damals nicht Stand der
Serie. Weiter geht's: Mit den nagelneuen Bridgestones brennt die Erde.
Vollkommen surreale Schräglagen bei abartigem Grip. Anlieger manifestieren
sich aus dem Nichts, einige Tables schreien förmlich nach etwas Airstyle.
Die Nissin-Wavebremse klingt im härteren Zugriff etwas quietschig, ankert
aber jederzeit verläßlich. Quasi die invertierte Motorcharakteristik.
Negativ ist positiv.
Die handkonfektionierten Neoprenstrümpfe falten sich sauber ein, rubbeln
nicht nennenswert an den Gabelspoilern. Überzeugend. Im Falle eines Falles
habe ich im Halbzeugelager noch einen Quadratmeter herumliegen. Leider in
KTM-Orange. Bei den kurzen Pausen und am Fahrerlager vorbei gab es einige
hervorquellende Augen. Es konnte sich wohl keiner so recht einen Reim
darauf machen, was das für ein niegelnagelneues schwarzes Teil mit
Alurahmen/-tank und der Lusche obendrauf war. Die 2010er Yam etwa? ;-)
Ich habe die Kiste anfangs ein wenig warmlaufen lassen und bin dann 30 Min.
relativ moderat herumgerollt, max 25%. Danach 1/2h mit mehr Druck,
geschätzte 50%; die Gänge blieben länger länger drin. Danach Erschöpfung,
Pause, Sauerstoffzelt.
Ein Blick ins Handbuch zeigt: Crosser zureiten ist einfach. 60 Minuten bei
max. 50%, weitere 60 Minuten bei max. 75%.
120 Minuten. Hmmm... Da ein dedizierter Betriebsstundenzähler aus
Kosteneffizienzgründen ausscheidet, fördere ich nach einem Kopfsprung in
die Grabbelkiste im Keller ein praktisches "Kombiinstrument" zutage. Es
kann die Zeit stoppen, einen Alarm setzen, die Uhrzeit anzeigen ist
kompakt, wasserdicht bis 15 Meter, auf Wunsch beleuchtet, stoßfest, hört
auf den Namen "Unisex-Armbanduhr Digital Quarz W-800H-1AVES": Ein
schwarzer Billigchronograph von Casio, des Terroristen und Watchmodders
liebstes Kind, der mit einem aus Cordura und Klett gefertigten
Ersatzarmband wie angegossen auf den Lenkerprallschutz paßt.
Mit dem Autodeko (kein Hebelchen am Lenker sondern ein kleiner Japaner im
Ventiltrieb) muß ich mich noch anfreunden. Es gibt einen Zustand beim
Anlassen, da rastet der Mechanismus ein und die Kompression ist weg. Man
spürt den oberen Totpunkt fast nicht mehr und kann auf dem Kickstarter
hampeln wie beim Zweitakter. Die Suzuki startet aber stets willig und nach
dem Druck auf den Killknopf ist die Kompression wieder da.
Ein ausgesprochen moderates Stimmchen entspringt dem Auspuff, das unter
Last zu einem verhaltenen Cresecendo anschwillt. Fortissimo Fehlanzeige.
Könnte so fast als Enduro durchgehen. Freilich gab es beim dreiminütigen
Ölstandstestlauf (weder Schauloch noch Peilstab sondern ein mittels
Schraube verschlossenes Gewindeloch im Lichtmaschinendeckel) in der
Münchner Außenstelle von Volkers Schrauberhöhle trotzdem Anlaß zur
Beschwerde: Dem Auspuff entströmten nach Aussage einer
diskussionsfreudigen Anwohnerin merkwürdige und vor allem übelriechende
Dämpfe - bis hoch in den dritten Stock.
Übelriechend? Finde ich nicht. Die RMZ riecht a tergo etwas
erdig-schokoladig, mit einem Hauch von Bittermandel-Caramel. Ein ideal
komponierter Open-Loop-Lambda-1.0-Mokka sozusagen.
Ich habe stundenlang geschraubt, eine handgefertigte Motorschutzplatte aus
PVC-Glas mit dem Heißluftföhn gebogen und angepaßt, diverse Lager zerlegt
und prophylaktisch gefettet, den Lenkkopf eingestellt, eine Lenkererhöhung
angebaut, dazu Spezialschrauben gefertigt (welche vergessen wurden und
dann inopportunerweise nach einigen Jahren abgerissen sind),
Gabelschutzstrümpfe aus Neopren übergezogen und zu guter Letzt das
kanariengelbe Plastikkleid durch ein solches aus edlem Schwarz ersetzt.
Es ist vollbracht: Pfiat Di Langeweile, griaß Di Spaß!
Volker