Volker Bartheld
2018-11-13 12:42:34 UTC
"
There I was completely wasting, out of work and down
all inside it's so frustrating as I drift from town to town
feel as though nobody cares if I live or die
so I might as well begin to put some action in my life
refrain:
Breaking the law, breaking the law
(4x)
So much for the golden future, I can't even start
I've had every promise broken, there's anger in my heart
you don't know what it's like, you don't have a clue
if you did you'd find yourselves doing the same thing too
refrain
You don't know what it's like
Breaking the law, breaking the law
(8x)
"
Da war ich also gestern in der Milbertshofener Schrauberhöhle und dachte
mir: Wenn ich momentan schon nicht im Gelände fahre, dann will ich
wenigstens ein Vehikel haben, mit dem ich gelegentlich auf asphaltierten
Wegen und "leichtem Schotter" [tm] (R) (C) Angst und Schrecken verbreiten
kann. Dazu mußte die 1998er KTM Sempre Competizione auf Supermotoräder
umgerüstet werden, sonst steht die - schon ein fast ein halbe Jahr als
Staubfänger in der Tiefgarage - noch weiter ungenutzt herum.
Vor Ort dann: Ein Bild des Jammers, die einstmals bildschönen SanRemos! Wie
ich inzwischen weiß, handelt es sich um eine Hausmarke von Menze
Fahrzeugteile: http://menze-fahrzeugteile.de/sanremo-felgen.htm, "[...]
Diese leichten Sanremofelgen sind sehr sauber verarbeitet, und eignen sich
für fast alle Verwendungszwecke. Der italienische Hersteller bringt eine
jahrzehntelange Erfahrung in diese Produktion ein [...] Die Sanremo Felgen
kommen erst einmal blank poliert und müssen blankem Aluminium entsprechend
geschützt und gepflegt werden [...]".
Hätte ich das nur früher schon gewußt, ich hätte mir den Kram im Neuzustand
schon schwarz eloxieren lassen. Seufzend tat ich dann also wie geheißen,
schützte und pflegte, d. h.: Bremsscheiben runter und viel Vergnügen mit
dem erstklassigen Polierset von Werkzeug Hoffmann, mit den
Schwabbelscheiben auf der Handbohrmaschine, von der braunen zur blauen
Paste und hernach noch bissl flüssiges Blitzi-Blitzi.
Das Auge fährt ja schließlich mit, man möge mir das Wildern in
dschobbristischen Pfründen verzeihen.
Nachdem die Felgen in Hochglanz erstrahlten, gings an den Tausch des
Vorderrads. Da zahlte sich meine Intuition "Eigentlich müßtest Du mal
wieder was an der KTM machen!" voll aus. Die gesinterten Bremsbeläge waren
durch den mehrjährigen Geländebetrieb bis auf die Rückenplatten
runtergeschmirgelt. Wie gut, daß im Ersatzteilekisterl noch ein paar
Lucas/TRW-Klötze in RSI-Belagmischung lagerten, mit folgenden Superlativen:
- professioneller Offroad-Rennsport-Belag
- überragende Performance
- thermisch hoch belastbar
- direktes Ansprechverhalten
(https://www.trwaftermarket.com/globalassets/moto_downloads/marketing/de/bremsbelaege_belagsmischungen.pdf)
Na bitte. Überragende Performance. Das wollen sie doch alle. Drauf damit,
keine weiteren Fragen.
Auffällig hier, daß die Führungsstifte der Gleitbuchsen im
Brembo-Faustsattel schon ein wenig siffig aussahen. Nachdem ich die zwei
Kolben sowieso erst akribisch reinige, bevor ich sie zurückdrücke um die
Rechteckringe zu schonen, war das in einem Aufwasch erledigt. Noch schnell
den Belaghaltestift entrostet, alle Gleitflächen mit der guten
Hochtemperatur-Allzweck-Minus-40°C-bis-Plus-1400°CKeramikpaste
bestrichen...
... und einen Tropfen am Ausgleichsbehälter der Handpumpe bemerkt. Ja, da
war doch was mit Flüssigkeiten, die irgendwo hinmüssen, wenn man sie
drückt. OK, also den Deckel runter und den Überstand - also das Bißchen,
das danach noch nicht auf der geistreicherweise untergelegten Ölfangmatte
landete - mit der Spritze des Fixerbestecks für Bremsflüssigkeitswechsel
abgesaugt.
Hmmm. Gut sieht die Plörre aber nicht aus... OK, dann eben gleich neue DOT
5.1 hinein, auch hier das Werbeversprechen einer überragenden Performance,
d. h. höchster Naßsiedepunkt. Die auf Saugbetrieb umgebaute
Unterbodenschutzrotze erreichte volle Punktzahl, da liefert keine russische
Cracknutte vom Hauptbahnhof einen besseren Blowjob ab.
Tatsächlich rotiert das Rad sehr schön gleichmäßig, die Beläge des
Schwimmsattels zentrieren sich nach kurzem Griff zum Bremshebel ohne
irgendwelche Exzentrizitäten oder andere Auffälligkeiten.
Noch fix den Digitaltacho (ein Sigma-BC500-Klon im KTM-Gehäuse) auf die
aktuelle Uhrzeit und den kleineren Radumfang angepaßt, wäre beim
Gesetzesbruch ja schon irgendwie fad, nicht die kilometergenaue
Geschwindigkeitsübertretung zu kennen. Muß ich in einer verkehrsberuhigten
Zone dringend mal ausprobieren, was das "Sie fahren"-Gerät zeigt, wenn wann
schneller als die zwei Ziffern fährt. Vermutlich ein weinender Smiley.
Zurück zum Thema: Proktologisch, d. h. hinten wird es erwartungsgemäß etwas
lästiger, da eine Anpassung der Übersetzung von 16:45 auf 15:40 notwendig
ist, mit 16:45 nebst kleinen 17-Zoll-Pellen mutiert die Supercomp quasi zum
unpackbaren Wheelie-Stoppie-Tool und frühstückt die Pilot Powers vom
französischen Michel wie Robbie Williams in seinen besten Zeiten Groupies.
Also erstmal die passende Kette gesucht, 106 Glieder müssen es sein, nicht
112 wie im Offroadbetrieb. Diese präsentierte sich in einem überraschend
guten Zustand, allerdings nur technisch, nicht optisch. Zum Test lege ich
sie immer in einem Bogen aus (logischerweise quer zur Bolzenachse, d. h.
entgegen des normalen Freiheitsgrads) und schaue, wie groß der Kreisbogen
wird. 1/8 Vollkreis ist gerade noch akzeptabel, 1/4 und mehr bedeutet
Tonne. Kettenlängungsmessungen am Garagenboden (d. h. ohne Vorspannung)
sind bestenfalls ein Ratespiel. Sogar ein brauchbares Clipschloß der
passenden Marke (mit X-Ringen!) findet sich an, dank Kettentrenner flutscht
die alte Kette förmlich vom Kettenrad.
Natürlich habe ich wieder mal vergessen _vor_ dieser OP die Ritzelschraube
zu lösen, jetzt muß ich auf die Macht der Kompression bei eingelegtem 1.
Gang vertrauen. Aber auch hier enttäuscht das 20 Jahre alte Museumsstück
nicht, ich kann das mit Schraubensicherungslack gesicherte, hochfeste Teil
nebst Tellerfeder problemlos entfernen. Keine Auffälligkeiten.
Auch hinten war der Faustsattel revisionsbedürftig, kein Wunder, da er
schließlich immer im Dreck und Schlamm förmlich gebadet wird. Die Beläge
erwiesen sich als ausreichend plan um sie der Supermoto-Bremsscheibe
anzuvertrauen. Alldieweil tat sich der Bedarf an einem neuen
Manschettensatz mit der KTM-Teilenummer 546.13.218.000 auf, 16€ soll das
kosten. Die Gummimuffe mit dem Durchgangsloch hatte ich irgendwann nach der
Reinigung schlampig montiert (mußte wohl sehr schnell gehen und es war
dunkel), sodaß die umlaufende Lippe nicht 100%-ig in der Nut des
Schwimmsattels zu liegen kam und vom innenliegenden Bolzen gequetscht
wurde.
No big deal, das ist auch so staub- und wasserdicht, stört nur das
ästhetische Empfinden. Vermutlich ist das E-Teil ident zur N° 22474614 vom
Stein Dinse
(https://www.stein-dinse.biz/product_info.php?products_id=8529), die das
für 12,15€ allerdings erst 2-8 Wochen bestellen müssen.
Hatte ich schon erwähnt, daß es ein ganz schöner Fick ist, diesen langen
Nippel in gut eingefettetem Zustand wieder an seinen angestammte Platz zu
befördern? Oh Mann. Das bringt Dich nahe an den Rand des
Nervenzusammenbruchs, wenn das offene Ende, das durch ein Durchgangsloch im
Sattel muß, immer wieder davonflutscht.
Schließlich siegte der Schlauere (der war ich, der den Kram zumindest außen
wieder entfettet hatte) und das Puzzle konnte wieder komplettiert werden.
Dabei achtete ich darauf, den Sattel in seiner Schiebeführung temporär so
weit nach hinten wie möglich zu positionieren, denn eine 150er
Supermotopelle auf 4.25-Zoll-Felge ist in der schmalen Schwinge eine
saugend-schmatzende Passung mit dem permanenten Risiko tiefer Kratzer in
der sauber verarbeiteten Felge für fast alle Verwendungszwecke aus der
jahrzehntelangen Erfahrung des Herstellers, bei dem es offenbar nie regnet
und Streusalz ein Fremdwort ist.
Das klappte anstandslos, noch eben die - natürlich gefettete - Steckachse
eingeschoben und die Sechskantmuttern zur Kettenspannungseinstellung mit
der weißen Hochleistungspaste eingedreht. Mir ist eine Aktion an einer KTM
540 SX noch sehr gut in Erinnerung, bei der der sorglose Eigentümer dieses
über Jahre verabsäumt hatte und mich dann bat, die 8.8er Schraube im zarten
T7er Aluminium auszubohren, weil er davor zuviel Angst hatte. Mit Recht.
Nach (erfolgreichem) Abschluß hatte ich Schweißperlen auf der Stirn, einen
braunen Streifen in der Unterhose und beide waren wir bekehrt: Nur wer auch
gut schmiert, der fährt auch gut.
Kettenmontage mit Clipschloß ging unauffällig von der Hand (offenes
Clipende entgegen der Fahrtrichtung, "der Fisch schwimmt mit dem Strom"),
ich quetsche die Verschlußlasche immer mit der guten Knipex Cobra zu, bis
die Nuten sauber zum Vorschein kommen, montiere den Clip und ziehe die
Geschichte dann wieder mit dem Kettentrenner etwas auseinander, damit der
Clip fest am Schloß anliegt und nicht versehentlich abgeschleudert werden
kann. Die makrobiotische Ursuppe des Straßenverkehrs erledigt dann den
Rest.
OK, ein paar etwas steife Kettenglieder gaben Abzüge in der B-Note,
hoffentlich verspielt sich das mit etwas Kettenspray oder Kriechöl noch.
Früher hätte ich da einfach achselzuckend ein vakantes Nietschloß
eingesetzt, aber da war ich ja auch noch in der Sturm- und Drangphase. Bock
auf einen neuen Kettensatz habe ich bei der Fahrleistung eher nicht. Ritzel
(JTF1902-16) und Stahl(!)kettenrad (JTR897-XX) kämen hypothetischerweise
von JT, als Kette bevorzuge ich die DID 520 VO oder VX2, letztere
verschleißt dank der X-Ringe etwas weniger schnell, in der Zugfestigkeit
geben sich die Modelle nicht viel, der Preisunterschied ist erheblich -
leider ist die VO etwas schwer zu kriegen. Anderswann dann.
Bezüglich der Kettenspannungseinstellung ist die SC eine Diva. Da kann der
Unterschied zwischen "schlabbert geräuschvoll rum und zernagt das
Rahmenheck" und einer getriebegehäusemordenden Klaviersaitenspannung eine
Umdrehung der Einstellschraube bedeuten. Ich teste das immer in der -
zugegebenermaßen recht lächerlich aussehenden - Position rückwärts auf dem
Sitz, ziehe mit beiden Armen die Schwinge zu mir her, bis
Getriebeausgangswelle, Schwingenachse und hintere Radachse auf einer Linie
sind. Dann sollte nur noch Minimalspiel vorliegen. Man kann natürlich auch
die Umlenkhebelei lösen, ich will _definitiv_ aber nicht wissen, wie es
dadrinnen aussieht.
Bei dieser Art Motorradjoga kann man übrigens ordentlich blaue Flecken auf
dem Brustbein kriegen, oder ultrapeinlich auf die Fresse fliegen, wenn man
nicht aufpaßt. Ich habe aufgepaßt und beließ es bei den blauen Flecken.
Dank dem "praktischen Gepäckträger" [tm] (R) (C), den die Zeitschrift
"Enduro" immer so lobte - ein Zukaufteil von der Adventure, das auch auf
dem Alurahmenheck der 620er paßt.
Pfoten waschen (die stecken mittlererweile in MaxiFlex Ultimate XXL, damit
halten sich beim Dauerschrauben Anschmutzungen in überschaubaren Grenzen,
man ruiniert sich nicht total die Flossen, schwitzt nicht so arg und hat
immer noch ausreichend Grip), Startprüfung. Erwartungsgemäß erwacht das
Triebwerk mit seinen 609 Kubikzentimetern und dem famosen (d. h. 5x
nachgeschweißten, danach immer noch rappeligen) SXC-Auspuff auf den zweiten
Kick zum Leben, sehr zur Freude des Fahrers und der Nachbarschaft.
Leistungsabgabe mustergültig, die vier Monate Standzeit scheinen dem
Dellorto-Urgestein weniger geschadet zu haben als mir. Ich drehe inzwischen
nur noch den Benzinhahn zu und lasse den Vergaserinhalt erst bei
Wiederinbetriebname ab. Leerfahren lohnt ja eh nicht, nachdem durch den
guten Mikuni selbst auf "OFF" immer noch was durchrinnt. Da hat es KTM wohl
geschafft, dieses eine, einzige Mal einen japanischen Hersteller auf sein
Niveau herabzuziehen.
Beim Heimweg via Frankfurter Ring dann auch die Bremsklötze schon ein wenig
eingefahren, das geht bei Sinter ja relativ schnell und unauffällig.
Höchstgeschwindigkeit wird erreicht und trotz Ruckdämpfer im Hinterrad wird
in den ersten drei Fahrstufen die Front auf energischen Befehl schon recht
leicht, Zuckerl ist dann die blaue Stichflamme aus dem Auspuff beim
Gaswegnehmen. Ich glaube, ich hatte damals die 272er Nadeldüse und eine
190er Hauptdüse montiert, lt. Sommer-Handbuch also ein unentschlossener
Hybrid zwischen "Hobbysport+Supermoto" und "Sport+Wettbewerb".
Da säuft die Kiste nicht so wie mit der ganz großen Hauptdüse und es
harmoniert auch gut mit dem Schwimmer und seiner Position:
Damals orgte ich beim Steini für kleines Geld einen 6.5g-Exemplar, weil
sich am Vorgänger die Zunge zur Pegeljustierung kaputtvibriert hatte. D. h.
die Bestellnummer 7450-03
(http://www.stein-dinse.biz/Dellorto/PHM-A/B/M/N/V/Schwimmer/Verg-Schwimmer-PH-F-M-BE-6-5gr::164.html).
Im Fließtext heißt es übrigens "Gewicht: 6 gr", vielleicht ist da das
Edelstahlgestänge nicht mit eingerechnet. Lustigerweise ist aber auf dem
Schwimmer selbst der Code "450.3 gr 7.5" eingeprägt, de facto handelt es
sich also um ein 7.5g-Exemplar und mithin exakt dasselbe, daß ich schon bei
der letzten Instandsetzung des Vergasers verbaut habe, weil alle anderen
Varianten beim örtlichen KTM-Händler nicht verfügbar waren.
Die Italiener... Man muß sie schon gern haben.
Solo l'amore, non lavorare mai. Sempre belle donne, molte ragazze, dolce
vita tutto l'anno, a chi importa della qualità?
Somit darf ich Erfolg vermelden und es wird zukünftigen Gesetzesbrüchen
nichts im Wege stehen. Jetzt nur noch ein Plätzchen für die Enduroradln
finden, die passen natürlich nicht ins Eck mit den Siebzehnzöllern.
Tanti saluti,
Volker
There I was completely wasting, out of work and down
all inside it's so frustrating as I drift from town to town
feel as though nobody cares if I live or die
so I might as well begin to put some action in my life
refrain:
Breaking the law, breaking the law
(4x)
So much for the golden future, I can't even start
I've had every promise broken, there's anger in my heart
you don't know what it's like, you don't have a clue
if you did you'd find yourselves doing the same thing too
refrain
You don't know what it's like
Breaking the law, breaking the law
(8x)
"
Da war ich also gestern in der Milbertshofener Schrauberhöhle und dachte
mir: Wenn ich momentan schon nicht im Gelände fahre, dann will ich
wenigstens ein Vehikel haben, mit dem ich gelegentlich auf asphaltierten
Wegen und "leichtem Schotter" [tm] (R) (C) Angst und Schrecken verbreiten
kann. Dazu mußte die 1998er KTM Sempre Competizione auf Supermotoräder
umgerüstet werden, sonst steht die - schon ein fast ein halbe Jahr als
Staubfänger in der Tiefgarage - noch weiter ungenutzt herum.
Vor Ort dann: Ein Bild des Jammers, die einstmals bildschönen SanRemos! Wie
ich inzwischen weiß, handelt es sich um eine Hausmarke von Menze
Fahrzeugteile: http://menze-fahrzeugteile.de/sanremo-felgen.htm, "[...]
Diese leichten Sanremofelgen sind sehr sauber verarbeitet, und eignen sich
für fast alle Verwendungszwecke. Der italienische Hersteller bringt eine
jahrzehntelange Erfahrung in diese Produktion ein [...] Die Sanremo Felgen
kommen erst einmal blank poliert und müssen blankem Aluminium entsprechend
geschützt und gepflegt werden [...]".
Hätte ich das nur früher schon gewußt, ich hätte mir den Kram im Neuzustand
schon schwarz eloxieren lassen. Seufzend tat ich dann also wie geheißen,
schützte und pflegte, d. h.: Bremsscheiben runter und viel Vergnügen mit
dem erstklassigen Polierset von Werkzeug Hoffmann, mit den
Schwabbelscheiben auf der Handbohrmaschine, von der braunen zur blauen
Paste und hernach noch bissl flüssiges Blitzi-Blitzi.
Das Auge fährt ja schließlich mit, man möge mir das Wildern in
dschobbristischen Pfründen verzeihen.
Nachdem die Felgen in Hochglanz erstrahlten, gings an den Tausch des
Vorderrads. Da zahlte sich meine Intuition "Eigentlich müßtest Du mal
wieder was an der KTM machen!" voll aus. Die gesinterten Bremsbeläge waren
durch den mehrjährigen Geländebetrieb bis auf die Rückenplatten
runtergeschmirgelt. Wie gut, daß im Ersatzteilekisterl noch ein paar
Lucas/TRW-Klötze in RSI-Belagmischung lagerten, mit folgenden Superlativen:
- professioneller Offroad-Rennsport-Belag
- überragende Performance
- thermisch hoch belastbar
- direktes Ansprechverhalten
(https://www.trwaftermarket.com/globalassets/moto_downloads/marketing/de/bremsbelaege_belagsmischungen.pdf)
Na bitte. Überragende Performance. Das wollen sie doch alle. Drauf damit,
keine weiteren Fragen.
Auffällig hier, daß die Führungsstifte der Gleitbuchsen im
Brembo-Faustsattel schon ein wenig siffig aussahen. Nachdem ich die zwei
Kolben sowieso erst akribisch reinige, bevor ich sie zurückdrücke um die
Rechteckringe zu schonen, war das in einem Aufwasch erledigt. Noch schnell
den Belaghaltestift entrostet, alle Gleitflächen mit der guten
Hochtemperatur-Allzweck-Minus-40°C-bis-Plus-1400°CKeramikpaste
bestrichen...
... und einen Tropfen am Ausgleichsbehälter der Handpumpe bemerkt. Ja, da
war doch was mit Flüssigkeiten, die irgendwo hinmüssen, wenn man sie
drückt. OK, also den Deckel runter und den Überstand - also das Bißchen,
das danach noch nicht auf der geistreicherweise untergelegten Ölfangmatte
landete - mit der Spritze des Fixerbestecks für Bremsflüssigkeitswechsel
abgesaugt.
Hmmm. Gut sieht die Plörre aber nicht aus... OK, dann eben gleich neue DOT
5.1 hinein, auch hier das Werbeversprechen einer überragenden Performance,
d. h. höchster Naßsiedepunkt. Die auf Saugbetrieb umgebaute
Unterbodenschutzrotze erreichte volle Punktzahl, da liefert keine russische
Cracknutte vom Hauptbahnhof einen besseren Blowjob ab.
Tatsächlich rotiert das Rad sehr schön gleichmäßig, die Beläge des
Schwimmsattels zentrieren sich nach kurzem Griff zum Bremshebel ohne
irgendwelche Exzentrizitäten oder andere Auffälligkeiten.
Noch fix den Digitaltacho (ein Sigma-BC500-Klon im KTM-Gehäuse) auf die
aktuelle Uhrzeit und den kleineren Radumfang angepaßt, wäre beim
Gesetzesbruch ja schon irgendwie fad, nicht die kilometergenaue
Geschwindigkeitsübertretung zu kennen. Muß ich in einer verkehrsberuhigten
Zone dringend mal ausprobieren, was das "Sie fahren"-Gerät zeigt, wenn wann
schneller als die zwei Ziffern fährt. Vermutlich ein weinender Smiley.
Zurück zum Thema: Proktologisch, d. h. hinten wird es erwartungsgemäß etwas
lästiger, da eine Anpassung der Übersetzung von 16:45 auf 15:40 notwendig
ist, mit 16:45 nebst kleinen 17-Zoll-Pellen mutiert die Supercomp quasi zum
unpackbaren Wheelie-Stoppie-Tool und frühstückt die Pilot Powers vom
französischen Michel wie Robbie Williams in seinen besten Zeiten Groupies.
Also erstmal die passende Kette gesucht, 106 Glieder müssen es sein, nicht
112 wie im Offroadbetrieb. Diese präsentierte sich in einem überraschend
guten Zustand, allerdings nur technisch, nicht optisch. Zum Test lege ich
sie immer in einem Bogen aus (logischerweise quer zur Bolzenachse, d. h.
entgegen des normalen Freiheitsgrads) und schaue, wie groß der Kreisbogen
wird. 1/8 Vollkreis ist gerade noch akzeptabel, 1/4 und mehr bedeutet
Tonne. Kettenlängungsmessungen am Garagenboden (d. h. ohne Vorspannung)
sind bestenfalls ein Ratespiel. Sogar ein brauchbares Clipschloß der
passenden Marke (mit X-Ringen!) findet sich an, dank Kettentrenner flutscht
die alte Kette förmlich vom Kettenrad.
Natürlich habe ich wieder mal vergessen _vor_ dieser OP die Ritzelschraube
zu lösen, jetzt muß ich auf die Macht der Kompression bei eingelegtem 1.
Gang vertrauen. Aber auch hier enttäuscht das 20 Jahre alte Museumsstück
nicht, ich kann das mit Schraubensicherungslack gesicherte, hochfeste Teil
nebst Tellerfeder problemlos entfernen. Keine Auffälligkeiten.
Auch hinten war der Faustsattel revisionsbedürftig, kein Wunder, da er
schließlich immer im Dreck und Schlamm förmlich gebadet wird. Die Beläge
erwiesen sich als ausreichend plan um sie der Supermoto-Bremsscheibe
anzuvertrauen. Alldieweil tat sich der Bedarf an einem neuen
Manschettensatz mit der KTM-Teilenummer 546.13.218.000 auf, 16€ soll das
kosten. Die Gummimuffe mit dem Durchgangsloch hatte ich irgendwann nach der
Reinigung schlampig montiert (mußte wohl sehr schnell gehen und es war
dunkel), sodaß die umlaufende Lippe nicht 100%-ig in der Nut des
Schwimmsattels zu liegen kam und vom innenliegenden Bolzen gequetscht
wurde.
No big deal, das ist auch so staub- und wasserdicht, stört nur das
ästhetische Empfinden. Vermutlich ist das E-Teil ident zur N° 22474614 vom
Stein Dinse
(https://www.stein-dinse.biz/product_info.php?products_id=8529), die das
für 12,15€ allerdings erst 2-8 Wochen bestellen müssen.
Hatte ich schon erwähnt, daß es ein ganz schöner Fick ist, diesen langen
Nippel in gut eingefettetem Zustand wieder an seinen angestammte Platz zu
befördern? Oh Mann. Das bringt Dich nahe an den Rand des
Nervenzusammenbruchs, wenn das offene Ende, das durch ein Durchgangsloch im
Sattel muß, immer wieder davonflutscht.
Schließlich siegte der Schlauere (der war ich, der den Kram zumindest außen
wieder entfettet hatte) und das Puzzle konnte wieder komplettiert werden.
Dabei achtete ich darauf, den Sattel in seiner Schiebeführung temporär so
weit nach hinten wie möglich zu positionieren, denn eine 150er
Supermotopelle auf 4.25-Zoll-Felge ist in der schmalen Schwinge eine
saugend-schmatzende Passung mit dem permanenten Risiko tiefer Kratzer in
der sauber verarbeiteten Felge für fast alle Verwendungszwecke aus der
jahrzehntelangen Erfahrung des Herstellers, bei dem es offenbar nie regnet
und Streusalz ein Fremdwort ist.
Das klappte anstandslos, noch eben die - natürlich gefettete - Steckachse
eingeschoben und die Sechskantmuttern zur Kettenspannungseinstellung mit
der weißen Hochleistungspaste eingedreht. Mir ist eine Aktion an einer KTM
540 SX noch sehr gut in Erinnerung, bei der der sorglose Eigentümer dieses
über Jahre verabsäumt hatte und mich dann bat, die 8.8er Schraube im zarten
T7er Aluminium auszubohren, weil er davor zuviel Angst hatte. Mit Recht.
Nach (erfolgreichem) Abschluß hatte ich Schweißperlen auf der Stirn, einen
braunen Streifen in der Unterhose und beide waren wir bekehrt: Nur wer auch
gut schmiert, der fährt auch gut.
Kettenmontage mit Clipschloß ging unauffällig von der Hand (offenes
Clipende entgegen der Fahrtrichtung, "der Fisch schwimmt mit dem Strom"),
ich quetsche die Verschlußlasche immer mit der guten Knipex Cobra zu, bis
die Nuten sauber zum Vorschein kommen, montiere den Clip und ziehe die
Geschichte dann wieder mit dem Kettentrenner etwas auseinander, damit der
Clip fest am Schloß anliegt und nicht versehentlich abgeschleudert werden
kann. Die makrobiotische Ursuppe des Straßenverkehrs erledigt dann den
Rest.
OK, ein paar etwas steife Kettenglieder gaben Abzüge in der B-Note,
hoffentlich verspielt sich das mit etwas Kettenspray oder Kriechöl noch.
Früher hätte ich da einfach achselzuckend ein vakantes Nietschloß
eingesetzt, aber da war ich ja auch noch in der Sturm- und Drangphase. Bock
auf einen neuen Kettensatz habe ich bei der Fahrleistung eher nicht. Ritzel
(JTF1902-16) und Stahl(!)kettenrad (JTR897-XX) kämen hypothetischerweise
von JT, als Kette bevorzuge ich die DID 520 VO oder VX2, letztere
verschleißt dank der X-Ringe etwas weniger schnell, in der Zugfestigkeit
geben sich die Modelle nicht viel, der Preisunterschied ist erheblich -
leider ist die VO etwas schwer zu kriegen. Anderswann dann.
Bezüglich der Kettenspannungseinstellung ist die SC eine Diva. Da kann der
Unterschied zwischen "schlabbert geräuschvoll rum und zernagt das
Rahmenheck" und einer getriebegehäusemordenden Klaviersaitenspannung eine
Umdrehung der Einstellschraube bedeuten. Ich teste das immer in der -
zugegebenermaßen recht lächerlich aussehenden - Position rückwärts auf dem
Sitz, ziehe mit beiden Armen die Schwinge zu mir her, bis
Getriebeausgangswelle, Schwingenachse und hintere Radachse auf einer Linie
sind. Dann sollte nur noch Minimalspiel vorliegen. Man kann natürlich auch
die Umlenkhebelei lösen, ich will _definitiv_ aber nicht wissen, wie es
dadrinnen aussieht.
Bei dieser Art Motorradjoga kann man übrigens ordentlich blaue Flecken auf
dem Brustbein kriegen, oder ultrapeinlich auf die Fresse fliegen, wenn man
nicht aufpaßt. Ich habe aufgepaßt und beließ es bei den blauen Flecken.
Dank dem "praktischen Gepäckträger" [tm] (R) (C), den die Zeitschrift
"Enduro" immer so lobte - ein Zukaufteil von der Adventure, das auch auf
dem Alurahmenheck der 620er paßt.
Pfoten waschen (die stecken mittlererweile in MaxiFlex Ultimate XXL, damit
halten sich beim Dauerschrauben Anschmutzungen in überschaubaren Grenzen,
man ruiniert sich nicht total die Flossen, schwitzt nicht so arg und hat
immer noch ausreichend Grip), Startprüfung. Erwartungsgemäß erwacht das
Triebwerk mit seinen 609 Kubikzentimetern und dem famosen (d. h. 5x
nachgeschweißten, danach immer noch rappeligen) SXC-Auspuff auf den zweiten
Kick zum Leben, sehr zur Freude des Fahrers und der Nachbarschaft.
Leistungsabgabe mustergültig, die vier Monate Standzeit scheinen dem
Dellorto-Urgestein weniger geschadet zu haben als mir. Ich drehe inzwischen
nur noch den Benzinhahn zu und lasse den Vergaserinhalt erst bei
Wiederinbetriebname ab. Leerfahren lohnt ja eh nicht, nachdem durch den
guten Mikuni selbst auf "OFF" immer noch was durchrinnt. Da hat es KTM wohl
geschafft, dieses eine, einzige Mal einen japanischen Hersteller auf sein
Niveau herabzuziehen.
Beim Heimweg via Frankfurter Ring dann auch die Bremsklötze schon ein wenig
eingefahren, das geht bei Sinter ja relativ schnell und unauffällig.
Höchstgeschwindigkeit wird erreicht und trotz Ruckdämpfer im Hinterrad wird
in den ersten drei Fahrstufen die Front auf energischen Befehl schon recht
leicht, Zuckerl ist dann die blaue Stichflamme aus dem Auspuff beim
Gaswegnehmen. Ich glaube, ich hatte damals die 272er Nadeldüse und eine
190er Hauptdüse montiert, lt. Sommer-Handbuch also ein unentschlossener
Hybrid zwischen "Hobbysport+Supermoto" und "Sport+Wettbewerb".
Da säuft die Kiste nicht so wie mit der ganz großen Hauptdüse und es
harmoniert auch gut mit dem Schwimmer und seiner Position:
Damals orgte ich beim Steini für kleines Geld einen 6.5g-Exemplar, weil
sich am Vorgänger die Zunge zur Pegeljustierung kaputtvibriert hatte. D. h.
die Bestellnummer 7450-03
(http://www.stein-dinse.biz/Dellorto/PHM-A/B/M/N/V/Schwimmer/Verg-Schwimmer-PH-F-M-BE-6-5gr::164.html).
Im Fließtext heißt es übrigens "Gewicht: 6 gr", vielleicht ist da das
Edelstahlgestänge nicht mit eingerechnet. Lustigerweise ist aber auf dem
Schwimmer selbst der Code "450.3 gr 7.5" eingeprägt, de facto handelt es
sich also um ein 7.5g-Exemplar und mithin exakt dasselbe, daß ich schon bei
der letzten Instandsetzung des Vergasers verbaut habe, weil alle anderen
Varianten beim örtlichen KTM-Händler nicht verfügbar waren.
Die Italiener... Man muß sie schon gern haben.
Solo l'amore, non lavorare mai. Sempre belle donne, molte ragazze, dolce
vita tutto l'anno, a chi importa della qualità?
Somit darf ich Erfolg vermelden und es wird zukünftigen Gesetzesbrüchen
nichts im Wege stehen. Jetzt nur noch ein Plätzchen für die Enduroradln
finden, die passen natürlich nicht ins Eck mit den Siebzehnzöllern.
Tanti saluti,
Volker