Ralf Kiefer
2021-05-01 18:56:21 UTC
Moin!
Es ist unglaublich!
Vor rund 3 Monaten zeigte der Spätzlefunk als "Doku-Reihe" den Film "Mit
Vollgas in den Ruhestand". Eine völlig dilletantische Reise wird von der
schwäbischen Fernsehbehörde finanziert! Die Frau, die diese Reise als
Alleindarstellerin absolviert, hat keinerlei Ahnung von Reisen, von
Motorrad, von persönlicher und technischer Ausrüstung, wenig von fremden
Kulturen. Sie fährt von hier aus in Richtung Osten, Polen, Ukraine,
Rußland, Kasachsten, Tadschikistan. Dort schaut sie sich den Pamir "von
hinten" an. Zurück fährt sie durch Turkmenistan, Iran und Türkei.
Unterwegs begleitet sie teilweise ein Filmteam vom Sender. Die haben
erkennbar genausoviel, also überhaupt keine Ahnung vom Moppedfahren,
wundern sich trotzdem bei ihrem Besuch bei der Hauptdarstellerin in
Tadschikistan, wie sie es bis dorthin überhaupt geschafft hat.
Hintergrund: sie fährt eine Moped-125er und hat kurz vorher überhaupt
erst begonnen motorisiert Zweirad zu fahren. Tolle Nummer fürs Fernsehen
so was auch finanziell zu begleiten. Es gibt tausende andere in
Deutschland, die einen besseren Hauptdarsteller abgeben würden.
Fast zum gleichen Zeitpunkt sendete 3sat "Mit dem Motorrad durch Peru,
Bolivien und Chile", das aktuell vom Spätzlefunk wiederholt wird. Bewußt
irreführend erzählte Geschichte: Zwei Selbstdarsteller ohne
Moppedreiseerfahrung, durchgetakteter tagesgenauer Zeitplan IN
SÜDAMERIKA, völlig reiseuntypisch, drei(!) Begleitfahrzeuge, die auf den
Moppeds Sitzenden fahren ohne Gepäck, man erhält lächerliche
Empfehlungen wie "Hupen vor Kurven" und das mit Serienhupen, falsche,
übertreibende Angaben wie üblich zu faktischen Daten, falsche Szenen
(Moppeds fahren auf Fähre, aber gemäß Kommentar sollen die zurück nach
Peru, weil Leihmotorrad), u.ä. Ich weiß nicht, was sich die
Jour*Innennalist*Innen dabei denken. Eher gar nichts. Sendezeit füllen,
Publikum für blöd verkaufen, falschen Eindruck von einer Minderheit
verbreiten.
Jetzt sendet der Spätzlefunk eine Dokumentation mit dem Titel "Easy
Rider im Härtetest - Mit Vollgas zu sich selbst". Was ist die typische
Erwartungshaltung angesichts dieses Titels? Jeder darf selbst drüber
nachdenken! Die Auflösung schreibt der Spätzlefunk sogar als
Begleittext: "Dieser Mann hat Großes vor. Axel Scholl-Poensgen hat einen
Traum - mit dem Motorrad von Mainz bis in die Mongolei fahren. Mit
seinem besten Freund und acht anderen Motorradbegeisterten. 9000 km
immer Richtung Osten."
Der Hauptdarsteller fährt eine Affentwin, eine echte mit 750ccm,
Vergasern und ohne Software. Sein Begleiter fährt eine moderne
Software-Tenere. Sie fahren mit Lederkombis, "verlieren" bereits am
1.Tag ihre vielen Begleiter, jedoch nicht das Filmteam in einer Dose
sowie den zusätzlichen vierrädrigen BMW mit Mechaniker und
Notfallanhänger "als einzige Absicherung" (ab 3:20). Angekommen in
Rußland erklärt der Kommentator, daß die Hauptdarsteller keinerlei
russisch können. Und die wollen bis zum Baikalsee und in die Mongolei?
Bei den technischen Problemen wird's spannend: zuerst hat die Affentwin
ein elektrisches Problem, entweder wg. defektem Regler aufgrund kaputtem
Steckverbinder im Bordnetz oder wg. abvibriertem Batteriekontakt. Die
wollen noch einige 1000km ostwärts ab Moskau, wo das passiert, und
kümmern sich nicht drum? Sehr realistisch! Mit Mechanikerbegleitung und
Werkstattwagen? Echte Reiseprofis. Dann geht der vierrädige
BMW-Werkstattwagen kaputt. Ein Reifen ist kaputt. "Ab nach Hause!". Wg.
einem kaputten Reifen! Dann: "Ohne Helfer durch Rußland! [..] Jetzt sind
die Biker auf sich alleine gestellt." Die hätten besser mal "972
Breakdowns" angeschaut ;-)
Aber Kameraleute sind immer noch dabei. Mit was die fahren, ist nicht
bekannt. Dann völlig "alleine ohne Mechaniker" droht Ölverlust am
Affentwinmotor. Anstatt nachzuschauen, wo es herkommt, fährt der erstmal
tagelang weiter. Unglaublich!
Zu den Fahrkünsten des Hauptdarstellers siehe 15:38: fährt eine UBSE und
stellt sich abseits vom Asphalt an wie ein Anfänger. Aufgehoben hat er
so ein Eisenschwin zuvor auch noch nie. Alles, aber wirklich alles aus
der Rubrik, wie man es keinesfalls machen soll. Nur merken und wissen
das Fernsehleute nicht, weil sie bekanntlich Experten sind.
Aber die Rettung naht, denn die Kirchen sitzen bekanntlich extrem
überrepräsentiert im Rundfunkrat: der Hauptdarsteller geht in eine
Kirche anstatt sich um das Ölleck vom Motor zu kümmern. "... sucht er
auch in schwierigen Situationen im Glauben heil." Das Schrauben kann er
trotzdem nicht. Es reicht nicht mal, um die Ritzelabdeckung runter- und
wieder draufzuschrauben.
Ein Profischrauber wird gefunden, der eine sehr schlabbrige
Getriebeausgangswelle vorführt, aber "das Lager ist kaputt, und er
kriegt es nicht." Ende der Moppedreise für die Affentwin. Trotz Beten.
Andere hätten Vorkehrungen getroffen, um so was von zuhause aus zu
organisieren. Der Hauptdarsteller gibt stattdessen die Affentwin wg. des
Getriebausgangslagers (hierzulande um die 30EUR) auf! Die bleibt in
Rußland. Glück für ihn, daß er in einem Land ohne Carnet-Pflicht ist.
Diese Dokumentation ist so unglaublich kaputt!
Für die, die sich diesen Teil des deutschen "Qualitätsfernsehens"[tm]
antun wollen:
<https://pdodswr-a.akamaihd.net/swrfernsehen/mensch-leute/20210501/14543
77.l.mp4>
Da bekommt ihr was für die 35DM pro Monat! Viel Spaß.
In meinem nächsten Leben mache ich "irgendwas mit Medien", werde
stinkereich ohne auch nur Ansätze von Ahnung von irgendwas haben zu
müssen.
Gruß, Ralf
Es ist unglaublich!
Vor rund 3 Monaten zeigte der Spätzlefunk als "Doku-Reihe" den Film "Mit
Vollgas in den Ruhestand". Eine völlig dilletantische Reise wird von der
schwäbischen Fernsehbehörde finanziert! Die Frau, die diese Reise als
Alleindarstellerin absolviert, hat keinerlei Ahnung von Reisen, von
Motorrad, von persönlicher und technischer Ausrüstung, wenig von fremden
Kulturen. Sie fährt von hier aus in Richtung Osten, Polen, Ukraine,
Rußland, Kasachsten, Tadschikistan. Dort schaut sie sich den Pamir "von
hinten" an. Zurück fährt sie durch Turkmenistan, Iran und Türkei.
Unterwegs begleitet sie teilweise ein Filmteam vom Sender. Die haben
erkennbar genausoviel, also überhaupt keine Ahnung vom Moppedfahren,
wundern sich trotzdem bei ihrem Besuch bei der Hauptdarstellerin in
Tadschikistan, wie sie es bis dorthin überhaupt geschafft hat.
Hintergrund: sie fährt eine Moped-125er und hat kurz vorher überhaupt
erst begonnen motorisiert Zweirad zu fahren. Tolle Nummer fürs Fernsehen
so was auch finanziell zu begleiten. Es gibt tausende andere in
Deutschland, die einen besseren Hauptdarsteller abgeben würden.
Fast zum gleichen Zeitpunkt sendete 3sat "Mit dem Motorrad durch Peru,
Bolivien und Chile", das aktuell vom Spätzlefunk wiederholt wird. Bewußt
irreführend erzählte Geschichte: Zwei Selbstdarsteller ohne
Moppedreiseerfahrung, durchgetakteter tagesgenauer Zeitplan IN
SÜDAMERIKA, völlig reiseuntypisch, drei(!) Begleitfahrzeuge, die auf den
Moppeds Sitzenden fahren ohne Gepäck, man erhält lächerliche
Empfehlungen wie "Hupen vor Kurven" und das mit Serienhupen, falsche,
übertreibende Angaben wie üblich zu faktischen Daten, falsche Szenen
(Moppeds fahren auf Fähre, aber gemäß Kommentar sollen die zurück nach
Peru, weil Leihmotorrad), u.ä. Ich weiß nicht, was sich die
Jour*Innennalist*Innen dabei denken. Eher gar nichts. Sendezeit füllen,
Publikum für blöd verkaufen, falschen Eindruck von einer Minderheit
verbreiten.
Jetzt sendet der Spätzlefunk eine Dokumentation mit dem Titel "Easy
Rider im Härtetest - Mit Vollgas zu sich selbst". Was ist die typische
Erwartungshaltung angesichts dieses Titels? Jeder darf selbst drüber
nachdenken! Die Auflösung schreibt der Spätzlefunk sogar als
Begleittext: "Dieser Mann hat Großes vor. Axel Scholl-Poensgen hat einen
Traum - mit dem Motorrad von Mainz bis in die Mongolei fahren. Mit
seinem besten Freund und acht anderen Motorradbegeisterten. 9000 km
immer Richtung Osten."
Der Hauptdarsteller fährt eine Affentwin, eine echte mit 750ccm,
Vergasern und ohne Software. Sein Begleiter fährt eine moderne
Software-Tenere. Sie fahren mit Lederkombis, "verlieren" bereits am
1.Tag ihre vielen Begleiter, jedoch nicht das Filmteam in einer Dose
sowie den zusätzlichen vierrädrigen BMW mit Mechaniker und
Notfallanhänger "als einzige Absicherung" (ab 3:20). Angekommen in
Rußland erklärt der Kommentator, daß die Hauptdarsteller keinerlei
russisch können. Und die wollen bis zum Baikalsee und in die Mongolei?
Bei den technischen Problemen wird's spannend: zuerst hat die Affentwin
ein elektrisches Problem, entweder wg. defektem Regler aufgrund kaputtem
Steckverbinder im Bordnetz oder wg. abvibriertem Batteriekontakt. Die
wollen noch einige 1000km ostwärts ab Moskau, wo das passiert, und
kümmern sich nicht drum? Sehr realistisch! Mit Mechanikerbegleitung und
Werkstattwagen? Echte Reiseprofis. Dann geht der vierrädige
BMW-Werkstattwagen kaputt. Ein Reifen ist kaputt. "Ab nach Hause!". Wg.
einem kaputten Reifen! Dann: "Ohne Helfer durch Rußland! [..] Jetzt sind
die Biker auf sich alleine gestellt." Die hätten besser mal "972
Breakdowns" angeschaut ;-)
Aber Kameraleute sind immer noch dabei. Mit was die fahren, ist nicht
bekannt. Dann völlig "alleine ohne Mechaniker" droht Ölverlust am
Affentwinmotor. Anstatt nachzuschauen, wo es herkommt, fährt der erstmal
tagelang weiter. Unglaublich!
Zu den Fahrkünsten des Hauptdarstellers siehe 15:38: fährt eine UBSE und
stellt sich abseits vom Asphalt an wie ein Anfänger. Aufgehoben hat er
so ein Eisenschwin zuvor auch noch nie. Alles, aber wirklich alles aus
der Rubrik, wie man es keinesfalls machen soll. Nur merken und wissen
das Fernsehleute nicht, weil sie bekanntlich Experten sind.
Aber die Rettung naht, denn die Kirchen sitzen bekanntlich extrem
überrepräsentiert im Rundfunkrat: der Hauptdarsteller geht in eine
Kirche anstatt sich um das Ölleck vom Motor zu kümmern. "... sucht er
auch in schwierigen Situationen im Glauben heil." Das Schrauben kann er
trotzdem nicht. Es reicht nicht mal, um die Ritzelabdeckung runter- und
wieder draufzuschrauben.
Ein Profischrauber wird gefunden, der eine sehr schlabbrige
Getriebeausgangswelle vorführt, aber "das Lager ist kaputt, und er
kriegt es nicht." Ende der Moppedreise für die Affentwin. Trotz Beten.
Andere hätten Vorkehrungen getroffen, um so was von zuhause aus zu
organisieren. Der Hauptdarsteller gibt stattdessen die Affentwin wg. des
Getriebausgangslagers (hierzulande um die 30EUR) auf! Die bleibt in
Rußland. Glück für ihn, daß er in einem Land ohne Carnet-Pflicht ist.
Diese Dokumentation ist so unglaublich kaputt!
Für die, die sich diesen Teil des deutschen "Qualitätsfernsehens"[tm]
antun wollen:
<https://pdodswr-a.akamaihd.net/swrfernsehen/mensch-leute/20210501/14543
77.l.mp4>
Da bekommt ihr was für die 35DM pro Monat! Viel Spaß.
In meinem nächsten Leben mache ich "irgendwas mit Medien", werde
stinkereich ohne auch nur Ansätze von Ahnung von irgendwas haben zu
müssen.
Gruß, Ralf
--
Honda, SWM und ein paar KTMs
Alle Greta-kompatibel, denn die fahren im Grünen
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